: Kindisches Treiben um George Bush
Der republikanische Parteitag nominiert einstimmig George Bush und ehrt den tödlich verunglückten pakistanischen Diktator Zia-ul Haq / Bushs konservativer Vizekandidat Quayle wird von der Presse durchleuchtet ■ Aus New Orleans Stefan Schaaf
Auf dem Podium redete ein Senator von „Erfahrung“, von „Charakter“ und von der „Kraft, dieses große und geliebte Land anzuführen“. Hinter der Pressetribüne sind Sprechchöre zu vernehmen; „Bush, Bush!!“ Ein Blick durch den riesigen Vorhang zeigt mehrere Hundertschaften von College-Kids in rot-weiß-blauer Kostümierung - ein sicheres Zeichen, daß es gleich zur Sache geht. „Die werden gleich in die Halle geschickt, damit es mehr Krach macht“, meint ein Sicherheitsbeamter. Dann kommt das Stichwort von der Rednertribüne: „Ich nominiere George Bush als Präsident der Vereinigten Staaten“.
Eine ernste Sache, sollte man denken, doch für die mehr als 2.000 Delegierten auf dem Parteitag der Republikaner bedeutet es, daß sie sich zehn Minuten lang wie Kindsköpfe aufführen dürfen, Luftballons mit lautem Knall zum Platzen bringen können - all das zum Klang der Musik einer patriotischen Blaskapelle und mit der Gewißheit, daß Millionen von FernsehzuschauerInnen im ganzen Land ihrem Treiben zuschauen.
Eine Stunde später machte das republikanische Parteivolk es offiziell: George Bush wurde zum Kandidaten der Partei für das Oval Office in Washingtons Pennsylvania Avenue gekürt. Mit den Stimmen seines angeblichen Heimatstaates Texas, in dem er seit fast zwei Jahrzehnten nicht mehr lebt, war die erforderliche Mehrheit erreicht und der Anlaß für eine weitere Jubelorgie geschaffen.
Bush betrachtete die Abstimmung der Delegationen auf dem Fernseher in seinem Hotelzimmer, umgeben von einer Horde weißgekleideter Enkelkinder. Als die für die Nominierung notwendige Marke von 1.139 Delegiertenstimmen überschritten wurde, riß er jubelnd die Arme hoch.
Den Tag hatte Bush damit zugebracht, seinen Vizekandidaten Dan Quayle durch eine Pressekonferenz und eine Reihe von Delegationsempfängen zu bugsieren.
Vor der Presse gab Bush seiner Trauer über das Ableben „eines Freundes“ Ausdruck: „Der „Verlust“ General Zias, der in Pakistan bei einem Flugzeugabsturz getötet wurde, sei „eine schreckliche Tragödie“. Der Parteitag ehrte dann am Abend den pakistanischen Diktator Zia-ul Haq, der die republikanischen Vorstellungen von Menschenrechten und demokratischen Freiheiten mehr als ein Jahrzehnt lang mit den Füßen getreten hat, mit einer Schweigeminute.
Quayle, der gestern noch ein unbekannter Senator war, sah sich mit dem großen Interesse an seinem bisherigen Lebenslauf konfrontiert. Besonders neugierig war die Presse, warum der erzkonservative Jungpolitiker, der am Vortag die Wichtigkeit politischer Freiheit betont hatte, einen sicheren Platz in der Nationalgarde von Indiana vorgezogen hatte, anstatt in Vietnam zu dienen. Seine Antwort überzeugte nicht: sein Bruder, so Quayle, sei in Vietnam gewesen, während er geheiratet und seine geliebte Familie gegründet habe. Gar nicht mehr antworten wollte er auf eine weitere Frage nach einem vergnügten Wochenende, das er und zwei Kollegen vor Jahren mit einer hübschen Lobbyistin in Florida zugebracht hatten. Diese Angelegenheit sei „aus der Welt geschafft“.
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