: Dürfen Männer unter sich sein?
Empörend! Husumer Oberst schließt Frauen vom Stammtisch aus / Was tut die Frauenministerin? ■ Aus Husum Martina Keller
Es gibt sie noch, die Männer, die genau wissen, wo Frauen hingehören und wo nicht. Aber diese Spezies hat es schwer. Oberst Jürgen Knoppe kann ein Lied davon singen. Dabei hatte der Kommodore des Husumer Jagdbombergeschwaders wirklich nichts Böses im Sinn, als er vor zwei Jahren den beliebten nordfriesischen Salvatorabend zu dem machte, was er - fast immer gewesen ist: zur reinen Männersache. Die Folgen dieser Entscheidung plagen den armen Kommodore noch heute: Proteste hier, Proteste da, und nun auch noch Post aus dem Kieler Frauenministerium - das ist mehr, als die breiten Schultern eines Düsenjägerpiloten auf Dauer tragen können. Doch der Reihe nach: Die Geschichte beginnt im Jahr 1985...
Damals glaubte Knoppes Vorgänger Hans-Dieter Rulle, die Zeichen der Zeit erkannt zu haben: Die Bundeswehr müsse der Entwicklung Rechnung tragen, daß immer mehr Frauen sich für leitende Positionen qualifizierten, fand er. Der Salvatorabend, jenes gesellschaftliche Ereignis bei Schweinshaxen, bayerischem Starkbier und stets zu lauter Musik, das in den vorangegangenen Jahrzehnten die männlichen Führungskräfte Nordfrieslands vereint hatte, öffnete Rulle erstmals für „Damen“.
Genau genommen war es eine einzige Frau, die sich 1985 unter 287 männlichen Gästen wiederfand, Angelika Schütz, die Leiterin des Husumer Finanzamtes. „Ich hab mich da durchaus wohlgefühlt“, erinnert sie sich. Als Oberst Knoppe das Regiment übernahm, wurde sie nicht mehr geladen. Es sei eine Frage der Raumkapazität gewesen, zur traditionellen Form zurückzukehren, erklärte Knoppe damals der verduzten Öffentlichkeit. Im übrigen seien Hemdsärmeligkeit und Bierhausatmosphäre nichts für „Damen“.
Doch welcher Undank brach über den Kommodore herein. Der DGB-Kreisfrauenausschuß protestierte in einem offenen Brief an den damaligen Verteidigungsminister Manfred Wörner „auf das Schärfste“ gegen die Ausgrenzung der Frauen und verlangte, daß Knoppe sich entschuldige. Auch einige Geschlechtsgenossen fielen dem wackeren Soldaten Knoppe in den Rücken: sie sagten ihre Teilnahme am Salvatorabend ab. Die Quittung für ihr Verhalten erhielten die meuternden Männer ein Jahr später: Auf der Gästeliste des Salvatorabends 1988 fehlten nicht nur die Namen von Frauen, sondern auch ihre.
Eine neue Runde im Salvator-Streit begann, eingeläutet diesmal durch einen Brief der nordfriesischen Frauenbeauftragten Helga Thienel an das Verteidigungsministerium. Staatssekretärin Agnes Hürland -Büning bezog Stellung: „Es gibt doch genügend andere Veranstaltungen, zu denen Frauen eingeladen werden“, beschied sie der Schreiberin und warnte davor, „in 'Nischen‘ einzudringen, in denen Männer unter sich bleiben wollen und auch sollen.“
Der Salvatorabend als Insel für bedrohte Männer? Man sollte meinen, daß gerade Frauen sensibel seien für den Wunsch des anderen Geschlechts, einmal ganz unter sich zu bleiben. Doch weit gefehlt: Im Namen des Fortschritts klagten die DGB -Frauen nunmehr ihr Leid der frisch gewählten Kieler Frauenministerin Gisela Böhrk. Die sandte ein knappes Schreiben an den Kommodore und bat ihn, die Problematik neu zu überdenken.
Oberst Knoppe hat dies getan in militärischer Gründlichkeit, dokumentiert durch einen fünfseitigen Brief. Der endet mit der Bitte an die Frauenministerin, „an der ideologischen Entlastung des Salvatorabends mitzuwirken“. Und Knoppe spart nicht mit Kritik an der Landesregierung. Die wolle „sicherlich bei allem Eifer nicht der Versuchung erliegen, sich nach kurzer Zeit in allen Belangen und im Detail für umfassend sachkundig zu halten“.
Es sei eine Frage der Toleranz, auch zukünftig „Veranstaltungen spezifischen Charakters durchführen zu können“, meint der Oberst. Der Salvatorabend sei kein gesellschaftliches Ereignis, sondern ein „Stammtisch von angenehmer Bedeutungslosigkeit“.
Nun ja, Ministerin Böhrk scheint noch immer nicht überzeugt. Doch zumindest äußerte sie sich über ihre Pressesprecherin positiv zu Knoppes versöhnlichem Angebot, das Jagdbombergeschwader vor Ort kennenzulernen. Auch wenn sie lieber den Salvatorabend besuchen würde, will Gisela Böhrk die Einladung zum „Schnuppertermin“ annehmen.
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