Anschläge und Verhandlungsangebot der ETA

Autobombe im Baskenland / Zwei Polizisten getötet / Tageszeitung 'Diario‘ berichtet von Verhandlungen der ETA mit Sozialisten  ■  Aus Madrid Antje Vogel

Mit der Zündung einer Autobombe sind am Sonntag im spanischen Baskenland wieder zwei Angehörige der paramilitärischen Polizeitruppe Guardia Civil ermordet worden. Eine Passantin und ihr zwei Monate alter Sohn wurden bei der Explosion leicht verletzt. Die Polizei nimmt an, daß der Anschlag von Mitgliedern der Separatistenorganisation ETA verübt wurde. Am Donnnerstag hatte die ETA bereits betont, sie halte ihr Angebot weiterhin aufrecht, mit der sozialistischen Regierung in Madrid zu verhandeln. Gleichzeitig bekannte sich die ETA zu 15 bewaffneten Anschlägen. Am 13.August waren in verschiedenen Orten Nordspaniens Sprengkörper gegen Unternehmen explodiert, die mit französischen Produkten handeln. Die ETA fordert einen Boykott französischer Waren als Protest gegen die französische Repression gegenüber Flüchtlingen aus dem spanischen Baskenland.

Das Verhandlungsangebot der ETA stößt - zumindest offiziell - auf taube Ohren. Seit dem 24.Februar hält die Organisation den Industriellen Emiliano Revilla gefangen. Zwei Versuche der Familie, der Organisation das geforderte Lösegeld zukommen zu lassen, wurden von der französischen Polizei vereitelt. Die Familie erhebt deshalb schwere Vorwürfe gegenüber der Polizei. Doch während der finanzelle Erfolg der Entführung nach wie vor auf sich warten läßt, zieht die ETA inzwischen politischen Nutzen aus der Affäre: Zahlreiche Razzien im Umkreis von Madrid, wo die Polizei das Versteck des Industriellen vermutet, verliefen ergebnislos.

Auch politisch tut sich Einiges. Zwar leugnete der Staatssekretär für Sicherheit, Rafael Vera, vor wenigen Tagen rundweg Kontakte mit der ETA, aber die Tageszeitung 'Diario16‘ versichert, es gebe Absprachen zwischen der Sozialistischen Partei PSOE und der baskischen Koalition Herri Batasuna, die als politischer Arm der ETA angesehen wird. Inhalt dieser Gespräche sei die Möglichkeit, daß die ETA die Waffen niederlegt und die Regierung im Gegenzug die Gefangenen dieser Gruppe freiläßt - jene, denen Attentate zur Last gelegt werden, müßten wohl zunächst im Ausland leben. Ferner müßte die Regierung das Recht auf Selbstbestimmung im Baskenland öffentlich anerkennen - ein schwieriger Punkt, da die spanische Verfassung die Autonomien der einzelnen Regionen festlegt. Uneinigkeit scheint es in der Frage zu geben, ob gleichzeitig mit den ETArras auch die inhaftierten Mitglieder der GAL, der „Antiterroristischen Befreiungsgruppen“ freigelassen werden sollen, die bis vor zwei Jahren den „schmutzigen Krieg“ gegen die ETA geführt hatten.

Bis zum Zeitpunkt der Revilla-Entführung hatte die spanische Regierung Kontakte mit ETArras in Algerien, sie jedoch danach abgebrochen. Angehörige der Herri Batasuna bestritten auch jetzt jegliche Kontakte zwischen ihrer Partei und der sozialistischen Regierung. Dennoch scheint Herri Batasuna zum Protagonisten der Verhandlungen geworden zu sein und damit die traditionellen Mittler, die nationalistischen konservativen baskischen Parteien PNV und Eusko Alkartasuna, verdrängt zu haben. Das bestätigte auch Jon Idigoras, Sprecher von Herri Batasuna, in einem Interview diese Woche: „Es ist nicht nötig, daß die Regierung direkt mit der ETA verhandelt. Sie kann mit einer legalen politischen Koalition, wie es Herri Batasuna ist, verhandeln.“ Und des weiteren erklärte er: „Die Lösung für all das ist nahe. Es hängt von der Regierung ab, daß es keine traumatische ist.“ Ein Hemmnis steht vor allen Lösungen: die Freilassung von Emiliano Revilla.