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Bremen gegen Zwei-Klassen-Heuer

Bremens Bundesratsinitiative zum 2.Schiffsregister / ÖTV-Heuer für ausländische Seeleute  ■  Aus Bremen Michael Weiß

Die Stadt Bremen will im September ein Alternativgesetz zum Regierungsentwurf über das 2.Schiffsregister in den Bundesrat einbringen. Die Bremer Bürgerschaft billigte am letzten Donnerstag die Gesetzesinitiative des Senats.

Diese Initiative richtet sich gegen die Pläne der Bundesregierung, die den Reedern erlauben will, alle Arbeitsplätze an Bord ihrer Schiffe mit Ausländern zu besetzen - nur der Kapitän soll ein Deutscher sein. Die Ausländer sollen dann nicht nach den Tarifen der ÖTV bezahlt werden, sondern nach den billigen Heuern ihrer Heimatländer. Diese Diskriminierung der Ausländer soll nach den Regierungsplänen bald unter deutscher Flagge möglich sein allerdings nicht im offiziellen Schiffsregister, denn da müssen auch Ausländer mit deutscher ÖTV-Heuer bezahlt werden. Billige Matrosen sollen aber im künftigen zweiten deutschen Schiffsregister möglich sein. ÖTV und SPD stellten sich quer, aber der Bremer Hafensenator Konrad Kunick sann auf einen Kompromiß. Nicht alle Arbeitsplätze an Bord dürften mit billigen ausländischen Matrosen besetzt werden, schlug er im Juni dieses Jahres vor, sondern nur ein Drittel. Damit zog Kunick sich den Zorn der Gewerkschafter, aber auch vieler Sozialdemokraten aus den Küstenländern zu.

Über die Sommerpause besann sich der Hafensenator eines Besseren: Sein neuester Gesetzesvorschlag hat mit dem Regierungsentwurf nur das Ziel gemeinsam: finanzielle Vorteile für die Reeder. Sie sollen in Zukunft nur die halbe Gewerbe- und Einkommenssteuer bezahlen. Auch die Seeleute brauchen in Zukunft keine Lohnsteuern mehr zu entrichten. Allerdings dürfen dann die Reeder die Lohnsteuerbefreiung ihrer Seefahrer auf die Heuer anrechnen. Dieser Eintritt ins Steuerparadies ist für die Reeder aber an eine Bedingung geknüpft: Sie müssen zu zwei Dritteln deutsche Seeleute beschäftigen. Nur der Rest darf mit Ausländern aufgefüllt werden, die nach ÖTV-Heuer bezahlt werden müssen.

Die Gewerkschafter und Betriebsräte an der Küste haben dem neuen Plan schon zugestimmt, und der Antrag, mit dem die Bürgerschaft die Gesetzesinitiative begrüßte, stammt von den Grünen. Im Bundesrat allerdings wird die Initiative an den Mehrheiten scheitern. Die norddeutschen Sozialdemokraten sind jedoch froh, den Streit beigelegt zu haben. Der Bürgerschaftsabgeordnete Hettling: „Die Gefechtslage stimmt wieder“.

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