piwik no script img

500.000 legen Rangun lahm

■ Massenkundgebung in Birmas Hauptstadt für sofortige Demokratie und Menschenrechte / Auch Staatsangestellte demonstrieren / Regierung Maung Maung droht Oppositionellen

Rangun (dpa/afp) - Schätzungsweise 500.000 Menschen haben gestern trotz eines massiven Truppenaufgebots in einer Kundgebung in der birmanischen Hauptstadt Rangun erneut Demokratie und ein Ende der seit 26 Jahren andauernden Einparteienherrschaft gefordert. Auf Plakaten forderten sie: „Wir wollen vollständige Demokratie mit allen Menschenrechten. Ein Diplomat berichtete, es seien wesentlich mehr Soldaten zusammengezogen worden als noch vor einer Woche.

An der Demonstration, zu der die Studentenunion und andere neu gegründete Bürgerrechtsorganisationen aufgerufen hatten, nahmen auch Regierungsbeamte aus sämtlichen Ministerien teil. Der gesamte Staatsapparat kam zum Stillstand. Behörden, Banken und andere Einrichtungen blieben geschlossen. Selbst die Fluglotsen des Ranguner Flughafens verließen den Kontrollturm. Die Kundgebung war die erste einer Serie von Demonstrationen, mit der die Regimekritiker auf einen Sonderparteitag der regierenden Sozialistischen Programmpartei sowie eine Sondersitzung der Volksversammlung reagieren. Dabei soll am 12.und 13.September über eine Volksabstimmung entschieden werden. Der neue Staats- und Parteichef Maung Maung will in einem Referendum die Bürger über die Einführung eines Mehrparteiensystems entscheiden lassen. Die Opposition meint dagegen, die Bevölkerung habe mit der Protestbewegung ihre Entscheidung bereits klargemacht.

Die birmanische Regierung hatte am Vortag die Oppositionellen aufgefordert, die in weiten Teilen des Landes besetzten Partei- und Verwaltungsgebäude zu räumen. Der staatliche Rundfunk warnte, andernfalls müßten die Demonstranten die Folgen ihres Handelns selbst tragen. „All das, was künftig im Lande geschieht, geht vollkommen zu Lasten der Agitatoren“, warnte der Staatsrundfunk am Mittwoch unter Berufung auf einen Kabinettsbeschluß. Es handelte sich um die erste massive Drohung der Regierung seit der Aufhebung des Kriegsrechts vor einer Woche. Westliche Diplomaten rechnen immer mehr mit einem Eingreifen der Armee „in den kommenden drei oder vier Tagen“.

Am Mittwoch haben 85 zum Teil hochrangige frühere Offiziere an die Streitkräfte appelliert, sich in den Dienst der Demokratie und nicht einer Partei oder einer Person zu stellen. Das Militär auch allein dem Volk zu dienen. Kein Einzelner und keine Gruppe habe das Recht, die von den Studenten von der Basis her erkämpften Errungenschaften für sich zu monopolisieren.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen