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Amis holen Pershings heim

Am Anti-Kriegstag wurden die ersten neun Atomraketen aus Heilbronn abgezogen / Zugabe-Rufe bei Demonstranten / Unsicherheit über Weiterverwendung der Sprengköpfe  ■  Aus Heilbronn Dietrich Willier

Gestern vormittag, am Anti-Kriegstag, durften ein letztes Mal Journalisten neun Pershing-II-Raketen auf der Heilbronner Waldheide bewundern, ein Fototermin erlaubte die letzten Bilder vor dem Abtransport. Dann, um zehn Uhr, öffneten sich die Pforten des Raketendepots auf der Heilbronner Waldheide: „Zugabe, Zugabe“, riefen Mitglieder der Friedensbewegung als sich der erste Raketentransporter langsam aus dem Tor schob. Er hatte Raketenabschußrampen geladen. Nach und nach folgten weitere Tieflader mit Raketenteilen und Sprengköpfen, 18 Transporter insgesamt. Ihre heiße Fracht, die in Heilbronn am Neckar fünf Jahre lang für Angst, politische Zerwürfnisse, zahllose Blockadeaktionen auf der Waldheide, für massenhafte Festnahmen und immer wieder neue Blockaden und Aktionen gesorgt hatte, rollte langsam zur Autobahnauffahrt Untergruppenbach und weiter die Autobahn Richtung Frankfurt.

Die ersten neun Raketen haben Heilbronn verlassen, weitere 27 sollen unter Aufsicht sowjetischer Offiziere in den kommenden Monaten abtransportiert werden. Insgesamt drei Jahre wollen sich die Amerikaner Zeit lassen, alle 108 in Heilbronn, Mutlangen und Neu-Ulm stationierten Pershings wieder in ihre angestammte Heimat zu transportieren. Wie lange aber der spektakuläre Abrüstungsschritt tatsächlich dauern wird, ist noch nicht abzusehen. Gestern, nur wenige Kilometer nach Verlassen des Raketendepots, stockte der Konvoi bereits, ein Transportfahrzeug hatte seine erste Panne. Mit Verspätung ging es dann weiter auf die Autobahn, eskortiert von weiteren Armeefahrzeugen und Streifenwagen der Polizei, ein Hubschrauber kreiste über dem Konvoi und zeigte den Weg. Wunderbar finden Leute, die den Abtransport der Raketen beobachtet haben, daß Menschen so etwas fertiggebracht haben. Mißtrauisch sind Mitglieder der Heilbronner Friedensbewegung aber noch immer. Die Raketen würden zwar in die USA geschafft, die Lafetten zersägt, die Gefechtköpfe aber, hieß es aus Bonn nur lapidar, würden unschädlich gemacht, wie und wo, darüber gab es bisher keine Auskunft. Einige auf der Waldheide befürchteten, die Sprengköpfe könnten für neue, andere Raketen verwendet werden.

Erleichtert ist die Heilbronner Bevölkerung auch darüber, daß der erste Abtransport gestern einigermaßen glimpflich vonstatten ging. Im Herbst vor drei Jahren war auf der Waldheide eine Rakete in Brand geraten, drei amerikanische Soldaten kamen ums Leben, sechzehn wurden zum Teil schwer verletzt.

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