Kurzschluß bei britischem TUC

Britischer Gewerkschaftsdachverband schließt die Elektriker aus / Streit um Alleinvertretungsrecht  ■  Aus London Rolf Paasch

Auf seiner 120.Jahrestagung hat der Dachverband der britischen Gewerkschaften TUC am Montag endgültig den monatelang diskutierten Ausschluß der umstrittenen Elektriker-Gewerkschaft EEPTU beschlossen. Mit überwältigender Mehrheit stimmten die Delegierten der 82 dem TUC angeschlossenen Gewerkschaften zu Beginn ihres Jahreskongresses im britischen Seebad Bournemouth für den Ausschluß der Elektriker, weil die rund 330.000 Mitglieder starke EEPTU mit dem Abschluß von Alleinvertretungsabkommen gegen die Regeln des Dachverbandes verstoßen hatte.

Mit dieser Abspaltung der rechtsgerichteten und einflußreichen Elektriker-Gewerkschaft droht der britischen Gewerkschaftsbewegung im neunten Jahr nach der Machtergreifung der konservativen Regierung Thatcher diszipliniert von deren Anti-Gewerkschaftsgesetzgebung und ausgezehrt vom raschen Mitgliederschwund - jetzt auch noch ein „Rekrutierungs-Krieg“ zwischen der nun „unabhängigen“ EEPTU und den im TUC organisierten Gewerkschaften. Sollten sich die ebenfalls mit „modernen Tarifabkommen“ lieb äugelnden Mitglieder der Ingenieursgewerkschaft AEU demnächst für ein Zusammengehen mit den Elektrikern entscheiden, würde der Dachverband gar einen Verlust von über einer Million Mitgliedern zu verkraften haben und an Einfluß verlieren. Fortsetzung auf Seite 2

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Nachdem Elektriker-Chef Eric Hammond die TUC-Führung in seiner Verteidigungsrede am Montag morgen einer politisch motivierten Verschwörung und „Hexenjagd“ beschuldigt hatte, verließ seine Delegation bereits vor der entscheidenden Abstimmung den Saal, so als wollten seine Steckdosenexperten noch einmal ihre Fähigkeit zum Legen eines politischen Kurzschlusses demonstrieren. Dem Rest der verdutzt dreinschauenden Delegierten blieb nichts anderes übrig, als den Auszug der EEPTU mit „traurigem Bedauern“, so TUC -Generalsekretär Norman Willis, oder gar mit Erleichterung, wie einige Gewerkschaftslinke, zur Kenntnis zu nehmen. In dem jahrelang schwelenden Konflikt zwischen den TUC -Gewerkschaften und der EEPTU geht es vor allem um die von den Elektrikern in neuen Betrieben angestrebten Tarifverträge, die ein Alleinvertretungsrecht einer Gewerkschaft vorsehen. Vor allem japanische Unternehmen in Großbritannien favorisieren solche „single union agreements“, weil diese leichter mit Streikverzichtsabkommen gekoppelt werden können, in denen dann der Schiedspruch einer „unabhängigen“ Schlichtungsinstanz für beide Tarifparteien bindend ist.

Linke Gewerkschaften befürchten dagegen, daß mit solchen Abkommen die auf dem Solidarprinzip beruhende Kampfkraft der Gewerkschaftsbewegung geschmälert und die klassische Form der Organisation von Lohnabhängigen durch eine Art arbeitgeberfreundlichen Arbeitnehmerclub ersetzt werden könnte.