: Verkehrskontrolle mit dem Knüppel
■ Hochofen-Maurer bei nächtlicher Polizeikontrolle verletzt / Auch in der Zelle mißhandelt / Seit zwei Monaten arbeitsunfähig krank / Staatsanwalt ermittelt gegen ihn wegen „Widerstands“ / Zerschlug er seine Brille selbst?
„Dieses Schwein ist ja besoffen!“ Mit diesen Worten leiteten Bremer Polizeibeamte in der Nacht zum 6. Juli dieses Jahres eine Schlägerei ein. Denn als der Hochofen-Maurer Hans E. entgegnete: „Mensch, sowas dürft ihr doch gar nicht...“, da kassierte er schon einen Fausthieb in den ge
schwürbeladenen Magen, wie er sich erinnert. Als Hans E. sich dann weigerte, in den Streifenwagen einzusteigen, hagelte es Knüppelhiebe auf Oberkörper, Arme und Beine. „Multiple Schürfungen und Prellungen“ am ganzen Körper wurden ihm im Diakonissen-Krankenhaus atte
stiert, ferner ein großer Bluterguß am Oberarm und eine Blutung am linken Auge.
Bis heute, also über zwei Monate nach der nächtlichen Begegnung mit der Staatsgewalt, ist Hans E. arbeitsunfähig krank geschrieben. Die Betriebskrankenkasse der Klöcknerhütte, wo er beschäftigt ist, hat sich vorbehalten, die Behandlungskosten und auch den Lohnausfall der Staatskasse in Rechnung zu stellen. Voraussetzung dafür, so ein Sprecher der Krankenkasse gestern zu taz, ist allerdings, daß der Rechtsstreit zwischen dem Maurer und der Polizei abgeschlossen ist. Viel Hoffnung auf einen günstigen Ausgang macht man sich bei der Krankenkasse nicht: „Wenn da nur Polizisten als Zeugen auftreten, dann geht das ja aus wie das Hornberger Schießen.“
Zusätzlich zu den Stockhieben
hat Hans E. nämlich noch eine Anzeige wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt bekommen. Er soll die Polizisten beschimpft und ihnen Widerstand geleistet haben, heißt es in der Anzeige. Allerdings: Keiner der Beamten sei verletzt worden. Hans E. hat auf die Anzeige jetzt seinerseits mit einem Strafantrag gegen die beiden Polizisten reagiert.
Er leugnet ja nicht, daß er an diesem Abend nach der Spätschicht „ein paar Bier“ getrunken hat. Aber Schlangenlinien mit seinem Mofa, wie es die beiden Polizisten im Streifenwagen hinter ihm gesehen haben wollen, sei er nicht gefahren. Er sei auf der Stader Landstraße in Burgdamm lediglich einem Gullydeckel ausgewichen. Dennoch hätten die Polizisten ihn angehalten. Er habe dann sein Mofa nach Hause schieben wollen, erzählte er der
taz, und dadurch offensichtlich das Mißtrauen der Uniformierten erregt. Einer von ihnen sei nämlich zwecks Geruchsprobe ganz dicht an ihn herangetreten und habe ein Fahne diagnostiziert. Sein Kollege ließ daraufhin das drastische Wort vom „besoffenen Schwein“ fallen.
Nur aus Angst vor Prügel, so Hans E., sei er nicht in den Streifenwagen gestiegen und habe „passiven Widerstand“ geleistet. Mit einem Schlag ans Auge habe ein Polizist ihm die Brille zertrümmert. Durch den Schlag sei das Brillengestell in den Augenwinkel gedrückt und verbogen worden. Daher rühre auch die Blutung am Augenlid, die später im Diakonissen-Krankenhaus festgestellt worden sei, berichtete Hans E. der taz gestern. In der Stellungnahme der Polizisten hieß es dazu, Hans E. habe sich
die Brille selbst von der Nase genommen und auf den Boden geworfen.
Schließlich holten die Polizisten Verstärkung und bugsierten den Maurer ins Auto. Sie brachten ihn zum Lesumer Polizeirevier und sperrten ihn in eine Zelle. Auch dort seien die Mißhandlungen weitergegangen, berichtet Hans E.: „Als ich auf dem Boden kniete, hat mir ein Polizist von hinten in die linke Seite getreten.“ Die ganze Nacht über wurde er in der Ausnüchterungszelle festgehalten. Ein Arzt machte einen Blutalkoholtest. Das Ergebnis dieses Tests liegt bis heute - acht Wochen nach dem Vorfall - noch nicht vor.
Von der Polizei war gestern keine Stellungnahme zu bekommen. Begründung: „Das ist ein laufendes Verfahren.“
Michael Weisfeld
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen