: Mut zum Risiko
■ Töpfer hilft Atomgemeinde auf die Beine
Daß die AKW-Betreiber um kurzfristiger Vorteile bei der Genehmigung ihrer Atomanlagen willen immer häufiger in die Sackgasse laufen, ist erfreulich. Daß sie bei der Suche nach Auswegen zunehmend die Bevölkerung gefährden, ist es weniger. Beides kann gegenwärtig bei der Genehmigung des Castror-Zwischenlagers Gorleben zu beobachtet werden.
Zunächst hat man das Lager nach einfachem Baurecht - wie einen Kuhstall - errichtet, um so dem langwierigen und mühsamen atomrechtlichen Genehmigungsverfahren aus dem Weg zu gehen. Natürlich wäre es in der Logik der Atomiker vernünftig, lecke und sonstwie defekte Castor-Behälter im Lager selbst zu reparieren. Schließlich enthalten sie abgebrannte Brennelemente und damit das brisanteste, was der Brennstoffkreislauf überhaupt zu bieten hat. Weil aber aufwendigere Reparaturen im Zwischenlager nicht ohne atomrechtliche Genehmigung der Anlage erlaubt sind, wird der Mut zum Risiko-Programm: Ausgerechnet die defekten Behälter sollen über hunderte von Kilometern zum Absender zurückgeschickt werden.
Töpfer sieht bei diesem Spiel mit dem Feuer seine Aufgabe offenbar darin, den AKW-Betreibern gute Ratschläge zu erteilen und sie im Bedarfsfall auch wieder zu vergessen. Als er in Travemünde der versammelten Atomgemeinde Entschlossenheit im Kampf um die Sicherheit der Bevölkerung demonstrierte, muß er gewußt haben, daß gesonderte Reparaturgenehmigungen für Castor-Behälter ihre Zeit brauchen. Offenbar wurde deshalb gar nicht erst der Versuch unternommen, die Angelegenheit „ordnungsgemäß“ zu regeln. Reaktorminister Töpfer tut so, als seien seine Bedingungen erfüllt, in der Hoffnung, daß so genau einst im Mai schon niemand hingehört hat.
In der vergangenen Woche nun hat der Reaktorminister bei der PTB in Braunschweig vorbeigeschaut und den Genehmigern in die Feder diktiert, was er zur Begründung einer Gorleben -Betriebsgenehmigung für notwendig hält. Die dabei gefundene Formulierung wird noch lange die atomaren Wahrsager beschäftigen. Nachdenklich ist dieser Minister nur noch bei einer Tätigkeit: den Atomindustriellen aus ihren selbstgestellten Fallen zu helfen.
Gerd Rosenkranz
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