„Republikaner“ im Bierzelt auf Stimmenfang

Chef der rechtsradikalen „Republikaner“ Franz Schönhuber bei Feuerwehrjubiläum in der Oberpfalz als Festredner Volle Halle, begeistertes Publikum, populistische Rede, deutschnationales Programm / Europawahl soll Partei sanieren  ■  Aus Ranna Bernd Siegler

Auf ein Handzeichen hin legt die Musikkapelle mit dem bayerischen Defiliermarsch los. Franz Schönhuber, Chef der rechtsradikalen „Republikaner“, zieht im Stile eines Matadors in die Festhalle des oberpfälzischen Ranna, einem Ortsteil von Auerbach, ein. Ihm folgen die „zehn Festdamen der Feuerwehr“ in langen rosafarbenen Festkleidern mit tiefen Dekolletes. Sofort ist die müde Stimmung auf dem Fest zum 40.Gründungsjubiläum der Freiwilligen Feuerwehr verflogen. Verstummt ist das Gemurmel, das zuvor die Ehrung der Wehrmänner störte.

Die Rechnung von Feuerwehr-Chef Bachmann ist aufgegangen. Bachmann hatte - sehr zum Ärger der CSU, die in Auerbach über eine satte Mehrheit verfügt - zwei bayerische Staatssekretäre wieder ausladen lassen und Schönhuber als Festredner engagiert. „Der Schönhuber garantiert uns ein volles Zelt.“ Die 1.500 Besucher in der Halle des 250 Einwohner zählenden Ranna geben ihm recht.

Die CSU hatte anfangs gar noch einen Boykottaufruf erwogen. Doch den „politischen Mut“, den CSU-Landtagsabgeordneter Herbert Falk bei seinen Parteigenossen einklagte, um dem Festkommers der Feuerwehr fernzubleiben, hat in Ranna schließlich niemand.

Selbst Auerbachs Bürgermeister Hanni Haberberger (CSU) ist dabei, als Schönhuber mit einem „Grüß Gott beieinand“ seine Rede eröffnet. Vorher hatte Haberberger den Auftritt des „Republikaner„-Chefs als „unliebsame Begleiterscheinung“ bezeichnet.

Nach einer Schamfrist von einer halben Stunde beginnen Schönhubers Parteihelfer, die Festhalle zu dekorieren. Plakate werden aufgehängt, das Parteiemblem auf die Bühne gestellt und die Republikanerfahne über das Rednerpult gehängt. Dann macht der ehemalige stellvertretende Chefredakteur des Bayerischen Rundfunks und Moderator der populären Sendung „Jetzt red i“ ernst. Geschickt versteht Schönhuber es, an den Ressentiments und dumpfen Stimmungen der Festzeltbesucher anzusetzen und seine politischen Forderungen zu entwickeln. Die „Republikaner“ wollen die Abgeordnetendiäten stoppen und die Immunität aufheben. Die „Bürgerrechtler nach innen und Patrioten nach außen“ wollen für ein sauberes Deutschland kämpfen, ohne Rauschgift („lebenslänglich ohne Gnade für Dealer“), ohne „Triebtäter“ („sie dürfen nie mehr auf Menschen losgelassen werden“), ohne Faulenzer („für eine neue Arbeitsmoral“) und „Wirtschaftsasylanten“. Der Demagoge Schönhuber hat die Lacher auf seiner Seite - und den Beifall, wenn er die CSU -Basis gegen die „Parteibonzen“ aufbringt. Er bekennt sich zu einer strikten Law-and-order-Politik. Das kommt an. Schönhuber appelliert an die „Gemeinschaft anständig denkender Menschen“. Da fühlt sich jeder im Festzelt angesprochen. Er ist nicht nur stolz, ein Deutscher zu sein („weil das eine Gnade ist“), sondern auch ein Metzgerssohn, der es zum bayerischen Verdienstorden, zur Umweltschutzmedaille, zum Publizistikpreisträger der Sudetendeutschen Landsmannschaft und sehr publikumswirksam zum Ehrenhauptmann der Feuerwehr gebracht hat.

Ab Oktober wollen die „Republikaner“ von Zelt zu Zelt ziehen, um bei den Europawahlen („Europa ja, EG nein“) gut abzuschneiden. Schönhuber gibt offen zu, daß dies eine „Geldwahl“ sei. Mit Wahlkampfgeldern habe sich vor Jahren auch die NPD saniert. Die drei Prozent bei den letzten bayerischen Landtagswahlen 1986 brachten den „Republikanern“ 1,25 Millionen Wahlkampfkostenerstattung. 1990 will man im Freistaat mindestens fünf Prozent holen. Die Partei, die nach eigenen Angaben etwa 7.000 Mitglieder hat, bekommt in Ranna neuen Zulauf. Die Aufnahmeformulare finden ebenso wie Schönhubers Bücher reges Interesse.

Bürgermeister Haberberger glaubt nicht, daß Schönhuber seiner Partei Stimmen wegnimmt. Entgegen vorheriger Überlegungen hört er sich die Rede des Republikaner-Chefs doch ganz an. „Alles andere hätte wie eine Flucht ausgesehen.“ Obwohl Haberberger nicht sehr angetan ist von dem Mann, der stolz darauf ist, mit 18 Jahren freiwillig bei der Waffen-SS dabeigewesen zu sein, muß der Bürgermeister ihm auch noch die Hand schütteln.

Als Schönhuber zum Abschluß von Feuerwehrchef Bachmann aufgefordert wird, den Defiliermarsch selbst zu dirigieren, gehört Haberberger zu den ganz wenigen, die nicht begeistert mitklatschen oder stehend applaudieren. Danach gehen die Leute zufrieden nach Hause mit dem Gefühl, den Mann gesehen zu haben, der ihnen aus der Seele spricht und „frischen Wind nach Bayern bringt“.