: Ausländer-Umfrage „heizt an“
■ Parteien distanzieren sich von der Umfrage des „Weser-Kurier“ zum AusländerInnen-Wahlrecht
Der Ressortleiter Lokales vom „Weser-Kurier“, Axel Schuller, hatte auf dem Weg zur Pressekonferenz eine spontane Idee gehabt. Die SPD wollte ihre Broschüre „Kommunales Wahlrecht für Ausländer“ der Presse vorstellen, und als Zeitungsmann überlegte Axel Schuller, ob der WK nicht kurzerhand eine volkstümliche Umfrage zum „Ausländerwahlrecht“ veranstalten könnte. Ähnliche Umfragen hatte es auf Schullers Initiative auch schon zu den Themen „Privatfernsehen“ oder „Flughafenausbau“ gegeben.
Schuller trug seine Idee der Redaktionskonferenz vor und setzte sie am Donnerstag in die Tat um. Zwischen 17 und 18.30 liefen fünf Leitungen beim „Weser-Kurier“ heiß, und für die fünf Redakteur-und PraktikantInnen am Hörer gab es, so Schuller gegenüber der taz, ein „böses Erwachen“.
Von den 186 AnruferInnen lehnten 83,9 Prozent das für die Beiratswahlen geplante Ausländerwahlrecht wortradikal ab. Die meisten scheuten sich nicht, ihre Identität gegenüber den RedakteurInnen preiszugeben und dann „Dampf abzulassen“
-über die „Kanaken, die vergast gehören“. Dieser unverhohlene Ausländerhaß brachte die WK-KollegInnen am Telefon in eine fast unerträgliche Situation.
Intern geriet Schuller ins Kreuzfeuer der Kritik: Die Aktion wurde ihm als unüberlegter „Schnellschuß“ angekreidet, ein Teil der Redaktion stellt in Frage, „ob man das hätte machen sollen, weil es der Ausländerfeindlichkeit Vorschub leistet“.
„Ich habe das erwartet“, sagt Horst Isola zu dem Umfrage -Ergebnis. Er ist Bürgerschaftsabgeordneter der SPD und mit der Änderung des kommunalen Wahlrechts befaßt. Für Isola war es keine Überraschung „bei dieser Methode“. Die Befragung selber rufe diejenigen auf den Plan, die engagiert seien in diesem Fall die, die dagegen sind. Die Veröffentlichung solcher problematischer Umfragen, so Isola, sei nichts weniger als „klammheimliche Meinungsmache“. Die Einführung des Wahlrechtes zu den Beiräten solle der Ausgrenzung gerade entgegenwirken, die von den WK-Lesern, die auf den Aufruf reagierten, gefordert wurde.
Auch der Grünen-Vorstandssprecher Dieter Mützelburg fürchtet, daß derartige Veröffentlichungen das ausländerfeindliche Klima „eher anheizen“. Die Meinungen in der Bevölkerung seien „fifty-fifty“ geteilt, entschiedenes Einfordern von Rechten für Ausländer könne gar nicht anders als polarisieren.
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Reinhard Metz, der aus sachlichen Gründen gegen das Ausländerwahlrecht ist, will sich seine Argumente „nicht durch solche unreflektierten Äußerungen kaputt machen lassen.“ Was da an Reaktionen gekommen sei, sei „etwas kurz gedacht“ und müsse „aufgeklärt werden“. Der politische Ansatz der CDU bleibe richtig. bd/k
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