: JUST LIKE DAMALS
■ Die Männer & Maurenbrecher im Quasimodo
Es ist mittelleer im Quasimodo, das Publikum ist mittelalt, der Recorder spielt Chris Rea, Wired to the moon, Could this be true could this be me, the one who kept himself so high and free..., man hört noch einmal, woher Ulla Meinecke ihre Ideen hatte, ihr Saxo- und Lyraphonist ist auch da, die siebziger Jahre haben sich selbst verschluckt, aber vorbei sind sie nicht, hartnäckig lebt man noch heute von dem, was man schon damals nicht tat. Ein Zeitungshandverkäufer macht seine Runde, auch er hat nichts anzubieten, er macht einen Job. Berlin hat den großen Durchhänger, die Stadt ist eine Farce, Kulisse, als wäre es der Film, der läuft und nicht die Zeit.
Whumm-tschack, whumm-tschack, es ist wie früher, Rockmusik deutsch, laß es einfach raus, Mann, was heißt hier Sound oder Groove, der subjektive Faktor, schrei dich frei. Gerulf Pannach steht vorne und brüllt, schon bei Pannach & Kunert war er immer der Schmissigere, und Christian Kunert, mit Froschfußsandalen, dreieinhalb Haaren auf dem Kopf und mürrischem Mondgesicht der bessere Musiker und Sänger; jetzt steht er auf der anderen Seite und kuckt sich das an. Nach Joey Albrecht haben sich vor zehn Jahren andere Gitarristen genannt, heute tut das niemand mehr, aber er selbst spielt wie immer, wühlt und rödelt in den Saiten und posiert auch bei einfachen Griffen wie Gallagher, whiiiuuuwhiiiuuu, der singende Draht. Pause.
Manfred Maurenbrecher betritt die Bühne, nie ist er so gut wie alleine, ungelenk drückt er die Finger ins Klavier und singt den Abgesang der Zeit, die an diesem Abend aufleben will. Sie kündigte die Abos von taz, Transatlantik, Courage und Eff Err, (das Lied ist nicht ganz neu), sie zog zu Dietrich, dem Mann von der Post. Der Experte für alternative Lebenslügen, Dr. Maurenbrecher, entrümpelt den WG-kompatiblen Kopf, und wenn der sich jetzt auch auf Zeitgeist schminkt und trimmt, der Müll ist derselbe: Das Kleine groß aufblasen, Hauptsache anders, auch wenn's identisch ist. Linkisch sitzt Maurenbrecher am Klavier, raunt und sarkastet und alles Böse, was ich über ihn sagte, löst sich auf in Erkennen, der Mann ist gut, nur das mit der Rockband hinter sich und dem Popstar vor Augen beim Blick in den Spiegel, das isses nicht.
Wieder bollern Die Männer , es dröhnt und gröhlt und lärmt und kracht, der Rhythmus kriegt Dresche, es liegt nicht an den Musikern, die Musik ist nur so lausig wie die Zeit, der sie entstammt, aufgepumpt mit der Verzweiflung der Born to loose-Vertreter. Das ist fast sympathisch in einer Zeit der Dümmlinge und Zwangssieger, aber hinterher möchte man sich wämmsen gehen.
wiglaf droste
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