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Freiheit für einen Toten

■ Der Kampf um die posthume Wiedereinbürgerung des türkischen Filmemachers Yilmaz Güney

Zunächst mutet der Spruch „Freiheit für Yilmaz Güney“ etwas befremdlich an: Der berühmteste türkische Filmemacher ist vor zwei Jahren im Pariser Exil gestorben, für seine Häscher mithin längst unerreichbar. Trotzdem macht die Parole Sinn, denn das Lebenswerk Güneys, seine großen Filme, die im Ausland das Bild der Türkei geprägt haben, ist im Land selbst nach wie vor unter Verschluß. Kurz nach seiner Flucht aus dem Knast ins Ausland, Anfang der achtziger Jahre, wurde Güney ausgebürgert. Als er für seinen Film Yol in Cannes die Goldene Palme bekam, geiferte die türkische Kritik über die Auszeichnung des angeblichen Terroristen.

Doch die Ausgrenzung von oben nutzte dem türkischen Regime wenig. Güneys Popularität im Land ist ungebrochen, das Aufführungsverbot für seine Filme wird weithin als Ärgernis empfunden. Eben deshalb ist Güney auch die geeignete Figur, auf die Situation der Kulturschaffenden in der Türkei insgesamt aufmerksam zu machen. So verwies Demirtas Ceyhun, stellvertretender Vorsitzender des türkischen Schriftstellerverbandes kürzlich in Berlin auf die große Zahl von Filmemachern, Schriftstellern und Publizisten, die nach wie vor im Ausland leben, zum Teil ebenfalls ausgebürgert wurden. Eine Kampagne zur posthumen Wiedereinbürgerung Güneys, so hofft Ceyhun, wird auch den lebenden, vom Regime verfemten Künstlern wieder zu Aufmerksamkeit in der türkischen Öffentlichkeit verhelfen.

Denn gerade in den letzten Monaten wurden die Daumenschrauben gegen die kritische Publizistik in der Türkei wieder stärker angezogen. Linke und linksliberale Blätter wurden beschlagnahmt beziehungsweise ganz geschlossen, Redakteure reihenweise verhaftet oder faktisch mit Berufsverbot belegt. Im Juli kam es sogar zu einem Hungerstreik von Redakteuren und Mitarbeitern von vier linken Zeitschriften, die damit gegen die Behinderung ihrer Arbeit protestierten. So ist es für die aus Istanbul angereisten Künstler auch nicht ganz ohne Risiko, eine Yilmaz-Güney-Kampagne im Ausland zu unterstützen.

Trotzdem touren sie von Berlin aus durch weitere europäische Städte, um für ihr Anliegen zu werben. Denn ohne Unterstützung aus Europa, so die wohl richtige Einschätzung, wird sich in der Türkei nicht viel bewegen.

Kurt Ullusch Prozeß gegen Filmemacher

Am ersten September-Wochenende ging esim Berliner Arsenal -Kino um politische Zensur eines weiteren türkischen Filmemachers. Ali Özgentürk soll am 29.September in der Türkei der Prozeß gemacht werden, wegen seines Filmes Und Wasser brennt doch. Die Staatssicherheitskammer Istanbul, der dortige Oberstaatsanwalt und das Justiziministerium werfen dem Film vor, er verletze das türkische Nationalgefühl, zeige, daß der Staat das Volk unterdrücke, und mobilisiere zum Aufstand, beleidige außerdem die Sicherheitskräfte und das Militär und sei kommunistische Propaganda. Die Anklagebehörde fordert zwölf Jahre Gefängnis.

Die Initaitive „Keine politische Disziplinierung des Filmemachers Ali Özgentürk“ ist unter anderem getragen von der IPPNW, der „Internationalen Liga für Menschenrechte“ und mehreren Friedensinitiativen. Kontaktadresse: Maren Schulte, Mierendorffstr. 21, 1000 Berlin 10.

taz

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