Gitarrenspiel zum Bier

■ Am Mittwoch gab es im ordentlich besuchten Modernen doch keinen Steve-Hackett-Gitarrenrock, sondern akustisch biedere Gitarrei

Ein etwas längerer Blick auf die Eintrittskarte hätte Mißverständnisse erspart, mir selbst und (wegen der Vorankündigung vom Mittwoch) wohl auch der einen oder anderen ZuhörerIn: „Steve Hackett - Solo“ stand da zeimlich deutlich, und das, zugegeben, ließ den Ex-Genesis -Gitarristen eben nicht (wie angekündigt) als Rockmusiker erwarten, sondern als Solist auf der akustischen Gitarre. Irreführend allerdings das ebenfalls auf der Karte abgedruckte Motto der Hackett-Tournee: „Electric and acoustic“ war's wirklich nur in Bezug auf die enorme Verstärkeranlage, die Hackett für seine beiden Konzertgitarren hatte aufbauen lassen.

Auch das Mischpult im Saal

wirkte seltsam überdimensio niert, es hätte für ein Sextett gereicht, und am hinteren Tresen wurde fleißig Bier gezapft, was trotz Bestuhlung reichlich Bewegung ins Auditorium brachte. „Psht, psht“, war dementsprechend oft zu hören von denen, die den Steve Hackett leise wollten und sich gestört fühlten von denen, die ihn lieber etwas lauter gehabt hätten.

Hackett präsentierte sich als klassischer Gitarrist in grauem Anzug mit weißen Sneakers auf leerer Bühne und mit einem Sack voller Eigenkompositionen, „influenced“ mal von dem großen alten Deutschen „JSB - you know who I mean“, mal von Kirchenmusik oder von Vorbildern wie Andres Segovia oder John Williams.

Schöne, teils sehr romantische Lieder waren darunter, getragene Melodien mit eingängigen Refrains, unspektakulär im Aufbau und auch von der Spielweise her selten auf vordergründige Wirkung aus. Und just als sich einem kompositorische Strickmuster und wiederkehrende Tremoli als wenig phantasievoll aufdrängten,

war alles, nach etwas mehr als einer Stunde auch schon zu Ende.

Aber was war's nun? Kann man ein ernsthaftes und ernsthaft gemeintes klassisches Gitarrenkonzert im „Modernes“ stattfinden lassen, zwischen Biertresen und verirrten Rockfans? Manche mögen auf diese Weise zum ersten Mal in bisher unbekannte musikalische Welten geraten sein. Doch Hackett selbst lieferte diesem süffigen Gedanken den schalen Bei

geschmack: Sanft blasiert, künstlich erstaunt über Begeisterung des Publikums - dieses Hätt ich nicht gedacht, daß Ihr mich gut findet ist auch noch in der allerzartesten Ausformung und selbst mit feiner englischer Art zum Kotzen. Alles in allem: 28 Mark für eine gute Stunde recht biederen Gitarrenspiels vor einem Saal, der nicht zuletzt durch den berühmten Namen gefüllt wurde.

Rainer Köster