: Schöne Bescherung für die Polizei
■ 36 blitzneue Streifenwagen „nachbewilligt“ / Haushalt um 1,25 Mio Mark aufgestockt / Begründung für die Sonderkosten: „Haushalt reicht nicht aus, um den Notwendigkeiten bei der Polizei nachzukommen“
„Die Probleme der Polizei haben sich zwischenzeitlich verschärft“, heißt es in einer vertraulichen Unterlage der Bremer Innendeputation, die dort am vergangenen Freitag über den Tisch ging. Gemeint waren aber nicht die vielfältigen Probleme, durch die die Polizei nach Geiseldrama und Daten -Skandalen ins Gerede gekommen ist, gemeint waren die Fahrzeuge, mit denen die Polizei durch die Straßen kutschiert.
Das Auto ist des Mannes liebstes Statussymbol. Keine Frage, jeder hat gern ein dickes, und auch Polizeibeamte sind keine Engel angesichts dieser Versuchung. Für 1,25 Mio Mark, so ihr Begehren, wollen sie neue Autos haben. Begründung: „Erfahrungsgemäß steigen die Reparaturkosten beim Überschreiten bestimmter Laufzeiten nicht kontinuierlich weiter, sondern abrupt.“ Die Anschläge im Haus
halt reichten nicht aus, heißt es in dem anderthalbseitigen Begründungstext, „um den Notwendigkeiten bei der Polizei nachzukommen“.
Kaum anzunehmen, daß das der Behörde - Briefkopf: „Der Senator für Inneres“ - vor einem Jahr nicht bekannt gewesen sein soll, als der ordentliche Haushalt debattiert und bewilligt wurde. Insgesamt 36 Fahrzeuge, Funkstreifenwagen, Kräder, Ford
Transit-Gruppenfahrzeuge, ein MEK-Basiswagen und ein alter Opel Blitz (Anschaffung 1968, Kilometerleistung seitdem: 20.551) sollen nun ersetzt werden. Auch der Totalschaden von der Bankräuberverfolgung taucht in der Liste auf, offensichtlich war er nicht versichert.
Daß nun auf den vor einem Jahr beschlossenen Haushalt überraschend 1,25 Millionen „Nachbewilligung“ draufgeschlagen werden müssen, wird in der Vorlage sachlich nicht weiter begründet. Offenbar scheint die Situation derzeit günstiger, um solche Forderungen des Polizeiapparates durchzusetzen, als vor einem Jahr.
Vor wenigen Monaten hatte die Innendeputation ebenfalls in einer Nachbewilligung den SEK-Kommandos neue Kampfjacken genehmigt. Damals waren die
SPD-Deputierten noch mit 2:3 Stimmen in der fraktionellen Vorabstimmung gegen die Sonderbewilligung gewesen, Senator und Senatsdirektor hatten mit ihren Stimmen die Mehrheitsverhältnisse jedoch auf 4:3 umgedreht.
Die Auto-Vorlage ging am Freitag bei einer Gegenstimme (des Vertreters der Grünen) durch die Innendeputation. Ausdrücklich vermerkt die Vorlage, daß eine Prüfung der Wirtschaftlichkeit der polizeieigenen KFZ-Werkstätten zwar am 6. Mai 1986 in Auftrag gegeben wurde, in den zweieinhalb Jahren seitdem aber nicht zustande kam. Und: „Kosten für den Ersatz der Funkausrüstungen in den KFZ sind in der Aufstellung nicht enthalten.“
Das Plenum der Volksvertreter, dessen vornehmstes Recht das der Haushaltsbewilligung ist, wird nicht mehr befaßt.
K.W.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen