Kein Ort für Flüchtlinge

■ 70 Prozent der EinwohnerInnen der südschwedischen Kleinstadt Sjöbo wollen Ausländern kein Asyl gewähren / Politiker und Presse entsetzt

Stockholm (taz) - Rund 70 Prozent der Wahlberechtigten in Sjöbo wollen keine Flüchtlinge und Asylsuchende in ihrem Dorf aufnehmen. Dies ist Ergebnis einer Volksabstimmung, zu der die Einwohner der idyllischen südschwedischen Gemeinde zusammen mit den Wahlen zu Reichstag und Kommunalparlamenten aufgefordert waren. Als Initiator der Volksabstimmung gilt der Großbauer Sven-Olle Olsson, ehemals Bürgermeister und in Sjöbo starker Mann in der Centrumspartei. Zusammen mit führenden Mitgliedern der örtlichen Sammlungspartei agitierte Olsson von Anfang an gegen die von den staatlichen Einwanderungsbehörden gewünschte Aufnahme von Flüchtlingen und Asylsuchenden. Zur Durchsetzung ihrer ausländerfeindlichen Aktivitäten, die im Gegensatz zur liberalen schwedischen Ausländerpolitik stehen, schreckten Olsson und seine Mannen selbst vor einer Zusammenarbeit mit der faschistischen Gruppierung „Nysvenska rörelsen“ (Neue schwedische Bewegung) nicht zurück.

Sven-Olle Olsson, der sich am Sonntag nach Bekanntwerden der Resultate in Siegerpose feiern ließ, wertete den Ausgang als „Sieg der Demokratie“. Madelein Ramel, die in den letzten Monaten örtlich Pro-Flüchtlings-Aktionen organisiert hatte, zeigte sich „geschockt, traurig und enttäuscht“. Bis zur Schließung der Wahllokale war allgemein eine Mehrheit wenn auch hauchdünn - für ein „Ja“ zu Ausländern erwartet worden.

Die Nein-Stimmen werden übereinstimmend in Politikerkommentaren und Zeitungsberichten als „einzige Katastrophe“ angesehen. Das Wahlergebnis in Sjöbo hat allerdings nicht nur den Hieb gegen das Asylrecht zum Ergebnis, vielmehr auch eine Mehrheit für die Centrumspartei im Gemeindeparlament. Die Partei konnte ihre Mandate von 15 auf 23 anheben.

Gisela Pettersen