piwik no script img

Renitenter Bölling

Ex-Regierungssprecher sauer auf die Justiz  ■  Von Petra Bornhöft

Berlin (taz) - Ohne Rücksicht auf die Prominenz des Angeklagten verurteilte gestern das Amtsgericht Moabit Ex -Regierungssprecher Klaus Bölling (60) zu einer Geldstrafe von 2.250DM wegen Unfallflucht und Beleidigung von Staatsorganen. Weil er weder einen Unfall ausgelöst noch zwei Polizisten einen Vogel gezeigt habe, reagierte der Frührentner höchst ergrimmt: „Es ist grotesk, daß in der Rechtssprechung immer noch einer Addition von zwei Uniformierten mehr Glauben geschenkt wird als einem Bürger.“

Einer dieser beiden Polizisten hatte den Strafbefehl ausgestellt.

Über Böllings Widerspruch wurde gestern verhandelt. Mit „einer der Dramatik des Ereignisses angemessenen Ausführlichkeit“ schilderte der Angeklagte die Vorfälle an jenem 16.Januar 1988. Beim Ausparken berührte sein Wagen die Gummileiste der Stoßstange eines anderen Autos - und verursachte eine Haarriß an dem edlen Teil. Fälschlicherweise ging Bölling bisher davon aus, daß „eine Stoßstange kein Ziergegenstand ist sondern dem Abfangen eines im Großstadtverkehr üblichen kleineren Aufpralls dient“. Dem Gezeter des schwer geschädigten PKW-Besitzers entfloh Bölling samt Freundin.

„Sie haben Unfallflucht begangen“, herrschte ihn kurz darauf Fahnder Holger G. an der Wohnungstür an. Das wiederum „erregte“ Klaus Bölling, wie er dem Richter gestand. Bölling soll daraufhin, so Holger G., gefragt haben, ob die Berliner Polizei nichts Wichtigeres zu tun habe, als „solche Bagatellen zu verfolgen“. Dabei soll er sich mit dem Zeigefinger an die Stirn getippt haben. „Das darf man nicht“, begründete Richter Libera das Urteil, auch wenn die Verbrechen des Herrn Bölling sich „im untersten Bereich der Strafbarkeit bewegen“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen