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Biotechnica macht auf Umwelt

■ Werben um milliardenschweren Markt der Zukunft / Lebensmittel, Waldsterben, Kompost, Ölbeseitigung - nichts soll mehr gehen ohne Biotech

In Zylindern aus Glas sprudeln Flüssigkeiten in grellen Farben, verchromte Apparate mit Digital anzeigen, Schläuchen und Kontrollampen beherrschen die Messeboxen. Neben Behältern mit trüber Schlammbrühe stehen mächtige Grünpflanzen. An Stellwänden hängen komplizierte Schaubilder unter meist noch komplizierter klingenden Überschriften. Auf der Biotechnica '88 zeigten drei Tage lang 461 Aussteller aus der ganzen Welt Produkte und Verfahren, Forschungsaktivitäten und Labortechnik. Im Jahr 2000 könnten, meinte Baden-Württembergs Ministerpräsident Lothar Späth bei der Eröffnung der Messe, mit biotechnischen Produkten bereits 200 Milliarden Mark umgesetzt werden.

Ein Biotechniker aus Halle erzählt, die DDR wolle mit Hilfe neuer Verfahren auch bessere Lebensmittel anbieten. Bei dem mit biotechnischer Unterstützung produzierten „schnellen Bier“ gelten die Sachsen seit langem als führend. Die Gemeinschaftsstände aus der Bundesrepublik präsentieren die nicht unumstrittene Biotechnik vor allem als Technologie für den Umweltschutz. So untersucht die Universität Hannover anhand der Reak

tion des Blattgrüns auf blaue Lichtblitze das Ausmaß des Waldsterbens. Besonders bei sensiblen Pflanzen, Tieren und Kleinstlebewesen sollen Umweltschädigungen besser erfaßt werden. Die Universität Göttingen wies nach, daß Kleinfische, an denen die Giftigkeit neuer Chemikalien gestestet wird, zu unterschiedlich reagieren und somit die Tests verfälschen. Das Problem soll durch genetisch ähn

liche Fische gelöst werden.

Besonders bei der Reinigung von Boden und Wasser setzen Forscher große Hoffnungen auf die Biotechnik. Schon heute werden mit Bakterien, die zum Beispiel Öl oder ähnliche Stoffe fressen und zu unschädlichen Stoffen umwandeln, Altlasten saniert. Immer neue Bakterienkulturen suchen Forscher aus, stellen immer raffinierter verschiedene Stämme je nach Art der Verschmutzung zusammen. Inzwischen können Industrieabwässer sogar teilweise von chlorierten Kohlenwasserstoffen und Polychlorierten Biphenylen gereinigt werden.

Wer außer verwirrenden Produktnamen und Prophezeiungen für die ferne Zukunft etwas mit nach Hause nehmen wollte, hatte auch dazu auf der Biotechnica Gelegenheit. Biotechnisch gewonnener Kompost aus nicht unproblematischem Hausmüll soll ein weiteres Beispiel für die Umweltfreundlichkeit der Biotechnik geben. Daß Biotechnologie das Leben schon heute angenehm machen kann, beweist ein Winzer aus dem Rheingau. Er präsentiert seinen Gästen einen Wein, der entalkoholisiert wurde, ohne dabei erhitzt zu werden.

Romanus Otte (dpa)

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