KOMMENTAR: Mit dem Spaten
■ Familie Güler sitzt als Fluchthelfer im türkischen Knast
Der „Deutsch-Türke“ Ahmed Güler und seine alten Eltern werden ja ihren Urlaub nicht dazu benutzt haben, unterm Gefängnis einen Tunnel anzulegen. Wenn doch, dann hätten sie allergrößte Hochachtung verdient. Zwar hätten sie damit die Gesetze des türkischen Staats gebrochen. Denn: Wen der Staat gefangen hat und ermorden will, den gibt er auf „demokratischem“ Wege nicht wieder her. Da hilft eben nur der Spaten.
Das ist für die politischen Umgangsformen der Bundesrepublik vielleicht ein bißchen fremd. Der Vorstand des mächtigen Daimler-Benz-Konzerns, bei dem Vater Güler gearbeitet hat, und das Bonner Außenministerium gebrauchen andere Mittel, um ihre Ziele durchzusetzen. Aber jetzt müssen sie über ihren Schatten springen. Denn: Die 18 flüchtigen Todeskandidaten haben ihre revolutionären Taten begangen, als sie nicht strafbar waren: vor dem Militärputsch von 1981. Unter den Putschisten wurden sie verurteilt, und die jetzige Scheindemokratie will sie aufhängen. Wer diesen grausamen Ablauf mit dem Spaten unterbricht, verdient, daß sich seine deutschen Mitbürger für ihn einsetzen. Auch die, die in der Türkei wirtschaftlichen und politischen Einfluß haben.
Michael Weisfeld
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