Kaufanweisung für Kunst

■ Senat regte Berliner Museen an, Objekte der Kunst- und Antiquitätenmesse „Orangerie88“ zu kaufen / Bereitstellung von Lottogeldern wurde signalisiert

Noch bei der Eröffnung der Kunst und Antiquitätenmesse „Orangerie88“ im Schloß Charlottenburg am vorletzten Wochenende hatte Kultursenator Hassemer vor laufenden Abendschaukameras tief bedauert, dort nicht so kaufen zu können wie er wolle. Denn bekanntlich ist der Etat für den Kunstankauf schon seit langem äußerst beschränkt, nicht nur zum Leidwesen von Hassemer, sondern vor allem zu dem der Berliner Museen.

Indessen - auch das kommerzielle Berliner Prestigeprojekt „Orangerie“, das unter anderem die Kunstpreise in Europa zu festigen trachtet, leidet ebenfalls. Auch nach fast zwei Wochen Laufzeit der Messe ist kurz vor ihrem Ende am Sonntag immer noch kein Gewinn in Sicht, obwohl ihr das Land Berlin als Vermieter der Orangerie schon seit Jahren zumindest indirekt unter die Arme greift. So hat der Leiter, der Berliner Galerist und Vorsitzende des Verbandes Berliner Kunst- und Antiquitätenhändler e.V., Bernd Schulz, dem in dieser Stadt schon die feudale Adresse Villa Griesebach für seine Galerie Pels-Leusden zugekommen ist, mit dem Senator einen Mietvertrag für die Orangerie zum Dumping-Preis von 1.000DM pro Tag, „sofern der Nettoüberschuß die Deckung ermöglicht“. De facto wurden nach Auskunft des Senats nie mehr als 500DM pro Tag bezahlt, was 1987 zu einer neuen Vereinbarung über 550DM pro Tag führte.

Trotz dieser großzügigen indirekten Unterstützung befürchten die Veranstalter jetzt finanzielle Einbußen und vor allem, daß die auswärtigen Händler ausbleiben könnten.

So wurden jetzt die Berliner Museen von seiten des Senats angeregt, Kunstobjekte auf der „Orangerie“ zu kaufen offenbar zur Unterstützung der Branche und deren internationaler Preispolitik. Gleichzeitig wurde die Bereitstellung von Lottogeldern signalisiert.

Normalerweise läuft das Verfahren umgekehrt: Die Museen suchen sich Objekte aus und holen dann die Genehmigung für einen Antrag auf Lottomittel beim Senat ein. Für die „Orangerie 88“ bestanden seitens der Museen bisher jedoch keine ausgedehnten Kaufabsichten, da kritische Museumsleute die Preise für überteuert halten oder die Objekte nicht für qualitativ interessant genug. Vor allem aber befürchten sie, daß Lottogelder jetzt voreilig ausgegeben werden und somit für ihre Wunschkäufe fehlen.

Daß sich die Kaufanweisung des Senats sogar auf bestimmte Objekte von bestimmten Händlern bezogen hat, bestritt Senatssprecher Fest gegenüber der taz. Daß die Initiative wieder abgeblasen wurde aus Furcht, die Presse könnte davon erfahren, gilt in informierten Museumskreisen jedoch als sicher.

taz