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Vermummte Polizei schlug zu

Autonome Anti-IWF-Demonstration gleich zu Beginn mit Polizeiknüppeln aufgehalten Über 6.000 TeilnehmerInnen / Wandernde Polizeikessel bis in die Nacht hinein / Wahllose Festnahmen  ■  Aus Berlin Wolfgang Gast

Zum Ende der IWF-Tagung und zum zentralen Aktionstag der Autonomen Gruppen glich die Berliner Innenstadt am Donnerstag erneut einer Polizeifestung. Unter dem Vorwand, gegen Vermummung und passive Bewaffnung vorzugehen, stürmten Polizeikräfte den Aufzug der autonomen „Internationalistischen Demonstration“. Ergebnis: Zahlreiche Verletzte und Festnahmen. Der Demonstrationszug hatte den Sammelplatz im Schöneberg noch nicht einmal verlassen, als eine Hundertschaft mit gezückten Schlagstöcken von vorne in die Demostrationspitze eindrang und auf Personen, die mit Palästinenserhalstüchern bekleidet waren, einschlug. Nur kurze Zeit später versuchte ein Sondereinsatzkommando, einen Lautsprecherwagen herauszugreifen. Mehrere Personen wurden verletzt, ein Demonstrant blieb für Minuten bewußtlos am Boden liegen.

An der Demonstration beteiligten sich Über 6.000 Personen. In den Redebeiträgen griffen die VeransatlterInnen wiederholt das „reformistische Spektrum“ der IWF-GegnerInnen an. Unter anderem behaupteten sie, daß sich die Forderung nach Schuldenstreichung in der Anti-IWF-Bewegung „nicht durchsetzen“ konnte. Treffend kennzeichneten die Redner die Situation am Sammelplatz als „militärischen Aufmarsch“, über tausend Beamte waren unmittelbar am Ausgangspunkt aufgeboten. Ein noch größeres Polizeiaufgebot mit Gitterfahrzeugen und fünf Kommandopanzern versperrte den Weg in die Innenstadt. Etwa 100 Meter vor dem hermetisch abgeriegelten Platz an der Urania lösten die Veranstalter die Demonstration auf. Der Heimweg über die U-Bahn war nur begrenzt möglich: einige Bahnhöfe waren geschlossen.

Im weiteren Verlauf des Abends wurden IWF-GegnerInnen immer wieder eingekesselt. Der Ermittlungsausschuß zählte insgesamt 243 Festnahmen. Ein gespenstisches Bild zeigte die Umgebung der Gedächtniskirche. Umherstreifende Trupps von Polizeibeamten griffen wahllos einzelne Personen heraus und verfrachteten sie mit Gefangenentransportern zur Überprüfung der Personalien auf die Polizeidienststellen. Der Eisatzleiter begründete das Vorgehen mit der Suche nach Rädelsführern und nach Personen mit gefährlichen Gegenstände. Überwiegend wurden die Festgenommene nach dem „Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz“ (ASOG) in Polizeigewahrsam genommen. Als Begründung wurde zumeist klischeehaft „Gefahrenabwehr“ angeführt.

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