: „Es kam zu Schlägereien“
Busfahrer Schlag über seine Erfahrungen mit dem Mitteleinstieg bei BVG-Bussen ■ I N T E R V I E W
Der BVG-Busfahrer Schlag ist seit 17 Jahren Fahrer auf dem Zehlendorfer Autobusbetriebshof Winfriedstraße und sitzt unter anderem auf den Linien 3 und 48 hinter dem Lenkrad.
taz: Betrachten Sie es nach der Beobachtung von fünf Monaten als Fluch oder Segen, daß die Leute bei Ihnen auch hinten einsteigen dürfen?
Schlag: Teils, teils. An manchen Haltestellen ist es nicht schlecht, wenn die Mitteltür geöffnet wird. Aber an vielen Punkten ist das ein Nachteil für die Fahrgäste, möchte ich sagen. Das ist ein Gedrängel. Am Forum Steglitz habe ich sogar schon erlebt, daß das in Schlägereien ausartete. Besonders schwer haben es Ältere und Mütter mit Kinderwagen, die rauswollen, weil der Pulk dann gleich wieder reinwill. Dann gibt es dazu das Problem mit der Überfüllung des Wagens.
Aber die BVG-Direktion wies doch immer auf die guten Erfahrungen in Westdeutschland hin. Sind die Berliner dümmer?
In Berlin fahren viele Doppeldecker, wir können's gar nicht mit westdeutschen Städten vergleichen. Da haben sie die Regelung vielfach auch schon wieder zurückgenommen, wie ich aus Besuchen dort weiß. Die Berliner sind garantiert nicht dümmer als die Westdeutschen. Das, wovor wir jetzt am meisten Angst haben, ist der bevorstehende Winter. Wir haben im vorigen Winter gesehen, daß die Haltestellen meistens nur vorne am Haltestellenmast geräumt sind. Und es besteht Unfallgefahr: Stellen Sie sich vor, es kommt jemand von hinten angerannt, der noch mitfahren will und auf den Knopf neben der Mitteltür drückt. Der Bus fährt los und der kommt unter den Wagen - das sind so Sachen, da haben wir eigentlich Angst vor.
Sehen Sie nicht dennoch Vorteile?
Da war die Rede davon, daß sich die Reisegeschwindigkeit der Busse erhöhen sollte. Tatsächlich merken wir, tagtäglich, daß es langsamer geht.
Vermissen Sie nicht auch die Gesichts- und Fahrscheinkontrolle und ärgern sich insgeheim über vermutete Schwarzfahrer?
Also alleine nach dem Aussehen kann man nicht beurteilen, ob jemand einen Fahrschein hat. Wenn die Leute einsteigen und zeigen nichts, ist das für uns in dem Sinne eine Erleichterung. Bloß, was nicht angekommen ist, ist, daß wir immer noch berechtigt sind, nach dem Fahrausweis zu fragen. Dann wird man immer ganz dumm angeguckt. Stichwort Schwarzfahrer: Ich habe, um das mal wirklich zu testen, drei Fahrgäste gefragt, ob ich ihren Fahrausweis sehen kann. Und Tatsache: Von den dreien haben zwei keinen gültigen Fahrausweis gehabt, die haben gegrient und anstandslos bezahlt.
Interview: thok
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