piwik no script img

Drängeln, Knuffen, Schubsen

■ Einsteigen in BVG-Busse drch die Mitteltür: Die Berliner raffen es nicht

„Vielleicht haben wir ein klein wenig zuviel vorausgesetzt“, räumte am Donnerstag der bei der BVG für den Busbetrieb Verantwortliche, Wolfgang Jähnichen, auf einem „Fahrgastforum“ im S-Bahnhof Beusselstraße ein. Stimmen die Beobachtungen von Fahrgästen und Fahrern, scheint in Berlin doch nicht zu klappen, was in Westdeutschland nach offiziellen BVG-Bekundungen einwandfrei läuft: Bei dem seit Mai gestatteten Enstieg in die Busse an den Mitteltüren wird nach wie vor kräftigst gedrängelt und geknufft, geschubst und vereinzelt gar mit den Fäusten nachgeholfen. Der im August von der BVG schriftlich verteilte Ratschlag, nicht gleich hinter den Türen stehenzubleiben, wurde offenbar nur von einer Minderheit beherzigt.

Jugendliche fänden es „toll“, ohne den prüfenden Blick eines Fahrers die Busse mittenmang entern zu können, und dies sei auch der Hauptgrund für das Gedränge, meinte Jähnichen. (Zuviel Respekt vorm drängelnden Alter? die k.) Die Kids machten sich auch mitunter einen Jux daraus, auf die sicherheitshalber angebrachten Kontaktschwellen an den Mitteltüren zu treten, was zu Fahrzeitverzögerungen führe. Eine besondere farbliche Markierung dieses sensiblen Türbereichs könnte da möglicherweise schon Abhilfe schaffen. Wie Jähnichen betonte, gebe es in den BVG-Direktionsetagen „keine Kontroversen“ über den Sinn des Mitteleinstiegs. Dem von einem Diskutanten wiedergegebenen Eindruck, daß Busfahrer nicht mit dem psychologischen Problem zu Rande kämen, nicht mehr „Herr im Hause“ zu sein, wollte er jedoch nicht widersprechen. Sprüche wie „Ich will ja wissen, was da für ein Pöbel einsteigt“, könne er als Betriebsleiter nicht dulden, versicherte der BVG-Mann.

Kräftig ins Zeug für seine Zurücknahme der Türöffnungsaktion legte sich auch der BVG -Gesamtpersonalratsvorsitzende Wilfried Mehner. Stichprobenkontrollen hätten ergeben, daß in den Bussen nur jeder zweite Barzahler einen gültigen Fahrschein habe (also kein Barzahler ist. diek.), berichtete Mehner und malte einen weiteren Personalabbau durch von Schwarzfahrern verursachte „Millioneneinnahmeverluste“ an die Wand. Wegen der Mitteltreppe seien Doppeldeckerbusse sowieso nicht geeignet für den Einstieg in der Mitte. Mehners Horrorbilder: Frisch Eingestiegene bekleckern mit schlabbrigen Currywürsten und tropfendem Eis die Garderobe ihrer Steh- oder Sitznachbarn. Und nicht nur das: „Kollegen haben uns berichtet, daß Leute, deren Auto stehengeblieben ist, da mal ganz locker mit fünf oder zehn Litern Superbenzin in der Mitte eingestiegen sind.“

Thomas Knauf

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen