Aufrüstung im Main-Kinzig-Kreis

Der Landrat hält seit Monaten ein bestelltes Gutachten über die militärische Belastung des Landkreises zurück / Wissenschaftler berichten vom massiven Ausbau der US-Stationierungsregion seit 1980  ■  Aus Hanau Michael Blum

Der hessische Main-Kinzig-Kreis wird seit 1980 so massiv aufgerüstet wie keine andere US-Stationierungsregion in der BRD. Das geht aus einem Gutachten der Friedensforscher Knut Krusewitz (Berlin) und Erich Schmidt-Eenboom vom Friedensforschungsinstitut Starnberg hervor. Die Expertise fertigten die Wissenschaftler im Auftrag des Main-Kinzig -Kreises an, nachdem ein entsprechender Antrag der Grünen zur Bestandsaufnahme der militärischen Einrichtungen und Bewegungen im Kreisgebiet mit den Stimmen der SPD bereits 1985 verabschiedet wurde. Seit Monaten liegt das Gutachten auf Eis: SPD-Landrat Karl Eyerkäufer hält die Expertise nach Drohungen der CDU, ihn bei Veröffentlichung der Stellungnahme des Landesverrats beschuldigen zu wollen, zurück.

Auf Einladung des „Vereins zur Förderung der Meinungsvielfalt und Völkerverständigung Hanau“ stellten die Wissenschaftler ihre Ergebnisse am Donnerstag der Öffentlichkeit vor. Der Politologe Schmidt-Eeenboom berichtete, die „Unterstützungsverbände“ seien seit 1980 bis zu 50 Prozent, die Artillerie um 25 Prozent aufgerüstet worden. Auf dem Hangar Erlensee sei die Stationierung neuer „Lance„-Raketen zu befürchten, die in den USA bereits erprobt werden und mit einer Reichweite von 400 Kilometern dem Mittelstreckenvertrag „gerade noch entsprechen“. Gemäß der Bereithaltungsdoktrin für Kriegsmunition von 30 Tagen würden zwei weitere Munitionsdepots im Landkreis angelegt. Augenfällig sei dabei die Verlagerung an die innerdeutsche Grenze. Erlensee könnte zudem als Ausweich -Stationierungshorst für die „Apache„-Kampfhubschrauber der US-Streitkräfte dienen. Augenfällig sei die Manöverpraxis: Mit Erlaubnis der Behörden seien die Militärs in den vergangenen Jahren täglich im Manöver gewesen, so Schmidt -Eeenboom.

Krusewitz kommt in seinem Teil der Expertise zum Ergebnis, daß der Hanauer Bevölkerung pro Kopf nur halb soviele Grün wie Militärflächen zur Verfügung stünden. Die Landschaftszersiedlung durch die US-Militärs sei im Main -Kinzig-Kreis extrem hoch. Für die BürgerInnen sei das Maß des Erträglichen mehr als überschritten, fand er bei seiner Befragung heraus. Die Akzeptanz gegenüber den Militärs ginge zurück. Die Kommunen verlören durch die militärische Flächennutzung potentieller Gewerbegebiete Millionen Beträge an Gewerbesteuereinnahmen, allein für Hanau seien dies über eine Million Mark.

Die Behörden und Kommunen sollten daher in Hinblick auf das Zusatzabkommen des Natotruppenstatus jeglichen weiteren Ausbauplänen widersprechen. Die Rechtsgrundlage dafür sei im Statut gegeben. Nach dem Statut hätten die Gaststreitkräfte deutsches Recht und deutsche Belange zu achten, laut Krusewitz vornehmlich die Belange des Umweltrechts.