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Pfeilschnell zerreißt das Trommelfell

■ AnwohnerInnen des Flughafens Tegel zeigten den Senat wegen Körperverletzung an Viermal terrorisierten während des IWFs britische Concorde-Maschinen die Berliner

„Es war ein ohrenbetäubender Lärm“, erinnert sich Johannes Hauenstein, ein Anwohner des Tegeler Flughafens. Seinem zweijährigen Kind mußte der Familienvater die Ohren zuhalten. Hauenstein: „Ich selbst hatte danach noch zehn Minuten lang Herzrasen.“ Die Quelle des Lärms war eine Concorde von British Airways. Viermal landeten während der IWF-Tagung die Überschallmaschinen in Tegel, um anschließend wieder nach London-Heathrow durchzustarten.

Das Flugzeug, das so souverän die Schallmauer durchbricht, hat nun auch „die Grenze des Zumutbaren überschritten“, findet Hauenstein. „Wegen des Verdachts auf Körperverletzung“ hat er Strafanzeige und Strafantrag eingereicht, wie einige weitere Mitglieder der Initiative „BürgerInnen gegen das Luftkreuz“ auch. Die Anzeige richtet sich gegen die Berliner Flughafengesellschaft (BFG) und die Verantwortlichen im Hause des Verkehrssenators.

„Die zulässigen Grenzwerte für Lärm werden schon jetzt dauernd überschritten“, erläutert der Anwalt der Flughafen -Anwohner, Reiner Geulen. Dank der Liberalisierung des Berlin-Flugverkehrs stieg im September erneut die Zahl der Flugbewegungen, um genau 22,5 Prozent gegenüber demselben Vorjahresmonat. Das Passagieraufkommen dagegen wuchs nur um 1,6 Prozent. Weil so nichts zu verdienen ist, bleiben TWA und PanAm immer noch bei ihren alten, lärmenden Jets. „Doch die Concorde ist noch lauter als die lautesten Maschinen“, schimpft Hauenstein.

British Airways konnte gestern keine Stellungnahme abgeben. Die deutschen Luft-Verantwortlichen - BFG und Verkehrssenator - verwiesen auf die alliierte Luft-Hoheit. Alliierte allerdings können nicht vor deutsche Gerichte zitiert werden. Geulen: „Auch die deutschen Stellen ermöglichen den Flughafen-Betrieb.“

Bislang zeigt die deutsche Justiz jedoch nicht einmal Neigung, nachdeutschen Tätern zu fahnden. Einige der Flughafen-Anwohner erhielten bereits einen Bescheid der Staatsanwaltschaft, demzufolge es kein Verfahren geben werde. Körperverletzung sei „offenbar nicht gegeben“, auf „Luftfahrzeuge“ finde dieser Paragraph nämlich „keine Anwendung“. „Unsinn“, meint Anwalt Geulen. Seine Mandanten überlegen nun, ob sie Beschwerde einlegen.

hmt

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