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Chiles KP setzt auf Mobilisierung

Fanny Pollarolo, Führungsmitglied der Kommunistischen Partei Chiles, über die politischen Perspektiven nach dem Plebiszit  ■ I N T E R V I E W

Über die Situation nach dem Plebiszit sprach die taz mit Fanny Pollarolo, Mitglied der Führung der Kommunistischen Partei und eine der ganz wenigen Frauen Chiles, die in politischen Spitzenpositionen sind. Fanny Pollarolo ist Psychiaterin und aufgrund ihrer Arbeit in den Armenvierteln Santiagos eine der populärsten Figuren der Kommunistischen Partei. 1984 wurde sie für drei Monate in die Verbannung geschickt. Ein Jahr später wurde sie unter fadenscheinigen Gründen (Rädelsführerschaft einer bewaffneten Bande) für vier Tage festgenommen. 1987 saß sie zwei Monate im Gefängnis wegen eines Streikaufrufs. Die Anklage hatte zwölf Jahre gefordert.

taz: Pinochet hat das Plebiszit verloren, aber er macht keine Anstalten zu gehen. Ganz im Gegenteil. Wie wird man ihn denn nun los?

Fanny Pollarolo: Die Strategie der KP setzt auf die Mobilisierung des Volkes und auf ein möglichst breites soziales und politisches Bündnis. Ein mobilisiertes und einiges Volk kann über zivilen Ungehorsam, über Massendemonstrationen und vielleicht dann sogar über einen nationalen Streik großen gesellschaftlichen Druck ausüben. Eine solche Strategie kann natürlich nur Erfolg haben, wenn sie von der ganzen Opposition und nicht nur von der Kommunistischen Partei getragen wird.

Und soll man gleichzeitig mit den Militärs in Verhandlungen treten?

Ja klar.

Mit den Oberkommandierenden, die Pinochet zu ihrem Kandidaten gekürt haben?

Wir glauben, daß die Verhandlungen ernst werden, sobald der Druck über die Mobilisierung groß genug ist. Dann kommen vielleicht auch andere militärische Verhandlungspartner in Sicht. Was die Militärspitze betrifft, gab es im übrigen ja am Tag des Plebiszits durchaus Reibungen. Luftwaffenchef Fernando Matthei hat den Sieg des „Nein“ bereits vor der mitternächtlichen Sitzung im Präsidentenpalast, in der darüber erst entschieden werden sollte, öffentlich akzeptiert. Doch bislang unterstützt die Militärspitze noch den unrealistischen Zeitplan Pinochets.

Patricio Aylwin, Chef der Christdemokratischen Partei, sagte wörtlich: „Die Niederlage des 'Ja‘ bedeutet nicht die Niederlage der Streitkräfte“...

Wir gehen davon aus, daß es in der Armee Sektoren gibt, denen die Rolle, die der Diktator den Streitkräften zugewiesen hat, zuwider ist und die nicht zu allem bereit sind. Wir interpretieren Aylwins Satz dahingehend, daß wir nicht die Streitkräfte als Ganzes bekämpfen dürfen. Insofern hat er Recht.

Nehmen wir mal an, die Militärs sind zu Verhandlungen bereit. Was steht dann auf der Tagesordnung?

Zunächst der Rücktritt Pinochets. Solange er an der Spitze bleibt, ergeben Verhandlungen keinen Sinn. Dann verlangen wir wirklich freie Wahlen für einen Kongreß, der verfassungsgebende Befugnisse haben muß, weil die Verfassung von 1980 ja einen Übergang zur Demokratie nicht zuläßt.

Bei den Verhandlungen mit den Militärs kann es ja nur darum gehen, daß sie die Macht abgeben, und sie werden dafür wohl mindestens - wie in Guatemala, wie in Uruguay - im Gegenzug Straffreiheit für ihre Verbrechen fordern...

Wenn es Straffreiheit gibt, heißt das, daß die Militärs eben die Macht nicht ganz abgegeben haben. Sie hätten sich ein entscheidendes Quantum an Macht reserviert. Wenn es keine Aufklärung und gerichtliche Verhandlung der Verbrechen gibt, bedeutet das, daß es eine Demokratie ist, die auf sehr schwachen Füßen steht.

Interviewer: Th.Schmidt

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