: Skandalchronik der Grünen
Die taz dokumentiert das „Beckmann-Papier“ über die Vorgänge um das Haus Wittgenstein ■ Von Klaus Hartung
Berlin (taz) - „Inhaltlich steht nichts Neues in dem Papier. Es ist aber bezeichnend, daß es dem Bundesvorstand erst Wochen nach anderen Parteimitgliedern zur Verfügung gestellt wird.“ Das erklärte gestern die Grünen-Pressesprecherin Moßmann, nachdem der ehemalige Geschäftsführer der Partei, Lucas Beckmann, seine Chronik über das Verhalten des Bundesvorstandes bei der Affäre um das „Haus Wittgenstein“ übergeben hatte. Natürlich können dem Bundesvorstand diese Vorwürfe nicht „neu“ sein, betonte gestern Beckmann, weil sie längst intern erhoben wurden. Außerdem wurde das Papier deswegen für die Prüfkommission erstellt, weil durch Druck des Bundesvorstandes auf die Kommission Beckmann daran gehindert wurde, auszusagen.
Die heute veröffentlichte Dokumentation will nicht das Finanzgebaren um die Renovierung des parteieigenen Hauses „Wittgenstein„aufklären, denn in diesem Zusammenhang ermittelt inzwischen die Staatsanwaltschaft wegen Verdachtes der Steuerhinterziehung, des Vorenthaltens von Arbeitsentgelt und Untreue. Die Ermittlung wurde möglicherweise auf Grund einer anonymen Anzeige aus der Parteispitze aufgenommen. Bislang gibt es auch Fortsetzung auf Seite 2
Kommentar auf Seite 4
Dokumentation Seiten 12&13
immer noch keine Erklärung, warum fast vier Millionen Mark für die Renovierung einer Villa ausgegeben wurden, die 1,4 Millionen Mark gekostet hatte. Das Dossier belegt mit Zitaten und Dokumenten, wie der Bundesvorstand versucht hat, abhängige Angestellte zu opfern, einzuschüchtern, Arbeitsbescheinigungen zu vernichten. Berichtet wird, wie die Prüfkommission behindert wurde, wie dafür gesorgt wurde, daß belastete Parteimitglieder die Prüfungstätigkeit kontrollieren. Fazit des Dossiers: die Loyalität der Verantwortlichen hat „jene Form von Verfilzung angenommen, die demokratische und durchsichtige Entscheidungen nicht mehr zulassen, da immer mehr Hände sich gegenseitig waschen“. Inzwischen wachsen auch die Zweifel an dem fürs Wochenende erwarteten Bericht der Prüfungskommission: Heide Rühl, Geschäftsführerin des Landesvorstandes von Baden -Württemberg, kritisiert, daß die Bundesrechnungsführerin in der Prüfungskommission mitarbeitete und also gewissermaßen ihre eigene Tätigkeit prüft. Zum anderen seien ständig die nötigen Belege nicht auffindbar gewesen.
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