: Wenn der CDU-Mann in Familie macht
■ Peter Kudellas Griff in die Mottenkiste der pädagogischen Folterinstrumente des Mittelalters / Ein Wohnungsbaupolitiker will für Bevölkerungsvermehrung sorgen
Die wohnungsbaupolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, Peter Kudella, nahm am Mittwoch in einer eigens einberufenen Pressekonferenz zu Familienfragen Stellung. Warum Frau Erlenwein als sozialpolitische Sprecherin nicht gefragt war, liegt wohl am ausgeprägten Hierarchiedenken. Schließlich ist Mann für alles zuständig.
Herrn Kudella ging es erst einmal darum, die Alibi-Zahlungen (Beträge zwischen 700 und 1.300 DM) der Bundesstiftung „Mutter und Kind“ mit Landesmitteln aufzustocken. Das kommt frau bekannt vor: Wieder einmal sollen die Gemeinden die Zeche für eine verfehlte und diskriminierende Familienpolitik zahlen. So als wäre der Wunsch nach einem Kind in erster Linie eine Geldfrage. Das paßt genau ins patriarchalische Bild: Mann muß erst einmal einen Beruf und einen guten Verdienst haben, um Frau und Kinder ernähren zu können.
Die Familie als „Keimzelle der Gesellschaft“ hat aber auch wichtige pädagogische Aufgaben: Die Kinder müssen lernen, zu befehlen (das sollte nicht militärisch gemeint sein - wie denn aber sonst?) und zu gehorchen. Das ist der Griff in die Mottenkiste der pädagogischen Folterinstrumente des Mittelalters. Was aus Menschen mit einer solchen Erziehung wird, hat uns die jüngste Geschichte gelehrt. Sollte Herr Kudella diese noch nicht bewältigt haben?
Angesichts der Tatsache, daß sich auf Grund bewußt geduldeter Arbeitslosigkeit von Millionen und der damit einhergehenden Verarmung breiter Bevölkerungsschichten neonazistisches Gedankengut wieder breitmacht, kann frau nur empfehlen, Familienpolitik (leider immer noch Teil von Sozialpolitik!) als etwas historisch Gewordenes zu begreifen!
Für Herrn Kudella aber ist die Familie weiterhin eine wichtige Voraussetzung für eine funktionierende Gesellschaft. Allein die Wortwahl verrät, daß es nicht um Familien, sondern um Bevölkerungspolitik geht. In unserer Gesellschaft sollen die Menschen nicht leben, sondern funktionieren.
Jutta Kellmann-Hoppensack
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