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Wann platzt die japanische Blase?

■ Ein Prophet widerlegt sich selbst / Hausse-Zyklen sollen immer länger werden / Entgegen allen Prognosen sind japanische Aktien heute teurer als je zuvor

Einer der lautstärksten Crash-Propheten im deutschen Sprachraum, Paul C.Martin, tönte nach dem Börsenkrach im letzten Herbst, dies sei erst der Anfang, das „Sprungbrett“ für den Absturz ins wahrhaft Bodenlose. Mittlerweile ist der Schwarzseher etwas kleinlaut geworden, mehr oder weniger gezwungenermaßen: Seine eigene Vermögensverwaltung hat zahlreiche Kundendepots ins Minus gewirtschaftet schlagender kann sich ein Prophet nicht widerlegen.

Das heißt jedoch nicht, daß eine Katastrophe, für die der Oktober-Crash nur das Vorspiel darstellte, an den Börsen ausgeschlossen wäre. Strahlender Optimismus, wie ihn Banker und Broker derzeit an den Tag legen, war auch im letzten September angesagt, damals wie heute wurde darauf hingewiesen, das Hausse-Zyklen immer länger gedauert hätten als die fünf oder sechs Jahre, die seit dem Kursaufschwung 1982 vergangen seien. Gerne verschwiegen wurde aber in diesem Zusammenhang, daß es eine Hausse, bei der sich in kurzer Zeit das Kursniveau weltweit verdoppelte oder gar verdreifachte, in der Börsengeschichte noch nicht gegeben hat. Allgemein einig war man sich in der Warnung vor der total hochgereizten Börse in Japan, deren hybridem Boom nicht zu trauen sei. Heute, nachdem die Tokioter Börse den Crash locker weggesteckt hat, ist von Überhitzung nicht mehr die Rede - japanische Aktien sind so teuer wie nie zuvor, doch allerorten wird der Crash als reinigendes Gewitter gepriesen, das für ein realistisches Kursniveau gesorgt hätte.

Genausowenig verschwunden wie die hochgereizten Nippon -Chips ist das Damokles-Schwert über den Geldmärkten, die Weltschuldenkrise, für die das jüngste IWF-Treffen einmal mehr nur Kosmetika bereitstellte. Ein, zwei wichtige Schuldnerländer, die die Zinszahlungen einstellen, können das Schuldenkarussell wieder bös ins Trudeln bringen. Setzt sich dann noch die Tendenz der letzten Tage - steigende Ölpreise und fallender Dollar - fort, dann stehen die Zeichen für den ölabhängigen Export-Giganten und größten Gläubiger der Welt, Japan, auf Sturm. Auch der straightesten Großfamilie der Welt wird dann schnell die Luft ausgehen. Das Platzen der Blase wird nicht zu verhindern sein.

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