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Schlimmer als das Erdbeben 1972

■ Sergio Ramirez, Vizepräsident Nicaraguas, zu den Zerstörungen durch den Wirbelsturm

taz: Welche Schäden hat der Hurrican „Joan“ in Nicaragua verursacht?

Ramirez: Nachdem wir seit acht Jahren Krieg im Land haben, mit 50.000 Toten und Verletzten, 12.000 Kriegswaisen, 6.000 Invaliden und dazu ungeheuren wirtschaftlichen Schäden, macht jetzt der Wirbelsturm alles noch schwieriger.

Die Schäden des Wirbelsturms sind zehnmal so hoch wie die des Erdbebens von 1972, das Managua zerstört hat.

Der Wirbelsturm durchzog Nicaragua von Ost nach West und verwüstete eine viel größere Fläche. Er hat zunächst die Karibikinsel Corn Island erreicht, die Häuser, Schiffe und die Fischfabrik der 12.000 dort lebenden Menschen zerstört. Dann auf dem Festland, die Stadt Bluefields: Fast alle Häuser sind vernichtet, 40.000 Menschen ohne Dach.

Die Schiffe sind verloren, das Krankenhaus ist zerstört, die Arbeitsplätze gibt es nicht mehr. Auf dem Weg zum Pazifik hat er noch mindestens zehn weitere Ortschaften verwüstet, darunter Rama, San Carlos und viele Landkooperativen. Das genaue Ausmaß wissen wir noch nicht, da auch viele Verbindungen zerstört sind, vor allem Stromleitungen. Insgesamt dürften 300.000 Menschen betroffen sein.

Gibt es schon Hilfszusagen?

Wir werden europäische Regierungen und die EG um Hilfe bitten. Die EG wird möglicherweise eine Kommission zur Begutachtung der Schäden entsenden.

Am Donnerstag werde ich in Bonn mit Außenminister Genscher zusammentreffen, am Freitag soll in Hamburg ein Treffen mit nichtregierungsabhängigen Hilfsorganisationen und Solidaritätsvertretern stattfinden.

Was wird in erster Linie benötigt?

Wir brauchen zweierlei: Zelte, Medikamente, Lebensmittel für die unmittelbare Not und Baumaterialien und Werkzeuge für den Wiederaufbau.

Das Gespräch führte Klaus-Dieter Tangermann.

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