: Made in Europe
■ Große Koalition für Tornado-Export?
Kaum acht Jahre ist es her, daß in der bundesdeutschen Öffentlichkeit ein Thema hohe Wellen schlug: deutsche Panzer in den Nahen Osten. Konkret ging es darum, daß die BRD ihr Rüstungsprunkstück LeopardII an Saudi-Arabien verkauft. Helmut Schmidt, damals noch Bundeskanzler, versuchte sich als Vertreter für Krauss-Maffay – und scheiterte. Schmidt wollte zwei Hürden auf einmal nehmen, um dann feststellen zu müssen, daß die Latten doch etwas zu hoch lagen. Zum einen wollte die SPD den Beschluß, keine Waffen in Spannungsgebiete zu liefern, nicht völlig aufweichen lassen, zum andern unterschätzte Oberstleutnant Schmidt den symbolischen Gehalt, den deutsche Panzerrohre, auf Israel gerichtet, immer noch haben.
Seit dieser Bauchlandung haben Rüstungslobby und Politiker, die sich ökonomisch und außenpolitisch vom Waffenexport in den Nahen Osten Geld und Einfluß versprechen, einiges gelernt. Wichtigste Konsequenz: Mindestens im Nahen Osten muß „Made in Germany“ als „Made in Europe“ daherkommen. Egal ob Alpha-Jet, komplizierte Raketenabwehrsysteme, Munition und Munitionsanlagen oder der Tornado: Die europäische Rüstungskooperation erleichtert den Export von deutschen Kriegswaffen ungemein.
Denn das bundesdeutsche Kriegswaffen-Kontrollgesetz greift dann nicht, wenn die französische Firma Aero-Special den gemeinsam mit Messerschmidt-Bölkow-Blohm gebauten Alpha-Jet an den kriegführenden Staat Irak liefert. Von Großbritannien an Saudi-Arabien oder eben Jordanien gelieferte Tornado –Kampfflugzeuge sind im übrigen emotional weit weniger anstößig, als wenn die Bundesregierung selbst als Verkaufsaagentur auftreten würde. Deshalb fließt nicht weniger Geld in die bundesdeutsche Kriegskasse, und darauf kommt es ja schließlich an. Angesichts dieser Entwicklung scheint es nur konsequent, daß die bundeseigene Kreditanstalt für Wiederaufbau sich auch an der Finanzierung des europäischen Verkaufsschlagers Tornado beteiligt, wenn der Kunde etwas klamm ist.
Der Verwaltungsrat der Kreditanstalt für Wiederaufbau ist allerdings anders besetzt als die Konzernzentrale von MBB oder Krauss-Maffei. Außer den zuständigen Ministern Gerhard Stoltenberg und Martin Bangemann reicht die Palette der Mitglieder von den Ministerpräsidenten der SPD bis zu den Gewerkschaften. Eine Zustimmung zu dem Jordanien-Kredit wäre mithin nichts anderes als eine „ganz große Koalition“ für den bundesdeutschen Kriegswaffen-Export an jeden, der zahlt oder kreditwürdig ist. Unter dem Deckmantel „Europa“ ist die Bewältigung deutscher Vergangenheit eben ein Kinderspiel.
Jürgen Gottschlich
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