: Daimler-Benz: Aus eins mach drei
■ Der Rüstungs-, Auto-, Technologie- und Luftfahrtkonzern soll in eine Holding umgewandelt werden, die die einzelnen Unternehmensbereiche in Form von Aktiengesellschaften und GmbHs führen wird
Berlin (dpa/taz) - Ein Kenner vermutet Menschliches hinter der jetzt bekanntgegebenen geplanten Umstrukturierung des Daimler-Konzerns: „Die haben ganz offenbar Verdauungsschwierigkeiten“, meint er unter Anspielung auf das schnelle Einverleiben immer neuer Unternehmen durch den einstigen Automobilkonzern. Der Name „Daimler“ soll demnächst nur noch für eine Holding stehen, die in zwei voneinander völlig unabhängigen Aktiengesellschaften und eine GmbH aufgegliedert ist. Am 9. November wird sich der Aufsichtsrat des Stuttgarter Konzerns mit der Neuordnung befassen.
Der Unternehmensbereich PKW und Nutzfahrzeuge wird künftig den Namen erhalten, der schon immer für die Luxuslimousinen stand: Mercedes-Benz-AG. Mit rund 170.000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von 50 Milliarden Mark soll es das Kernstück bleiben. Der zweite Bereich AEG soll ebenfalls Aktiengesellschaft fungieren und mit 70.000 bis 80.000 Beschäftigten die Sparten industrielle Automatisierungstechnik, Transporttechnik, Mikroelektronik, elektrotechnische Anlagen und Komponenten, elektrische Gebrauchsgüter sowie Büro- und Kommunikationstechnik bearbeiten, wobei ein Jahresumsatz von zehn bis zwölf Milliarden angepeilt wird.
AEG wird in diese AG jedoch nur zum Teil aufgehen, der Luft - und Raumfahrtbereich des einstigen Pleiteunternehmens Rest soll in den als GmbH geplanten Teil „Deutsche Aerospace“ eingegliedert werden, und sich zur Daimlertochter Dornier gesellen. Hierein käme dann auch Messerschmitt-Bölkow-Blohm (MBB) mit seinem Airbus-Zuschußbetrieb, wenn sich denn die von Bonn so ersehnte Daimler-MBB-Fusion tatsächlich ereignen sollte. Ob MTU dem zweiten oder den dritten Konzernbereich zufällt, wolle man „kurzfristig entscheiden“ hieß es bei Daimler.
Das Problem bei der möglichen Übernahme von MBB durch Daimler ist jedoch nach wie vor, daß sich Daimler nicht an den Verlusten der MBB-Tochter Airbus beteiligen will. Bonn hat hier in letzter Zeit die Bereitschaft zu möglichen Zugeständnissen signalisiert. Inwieweit die neue Daimler -Struktur den Stuttgartern eine Trennung von Airbus und dem eher im Rüstungsbereich tätigen MBB erleichtern könnte, bleibt zunächst im Unklaren, soll doch der neuzuschaffende Unternehmensbereich Deutsche Aerospace sowohl die militärische als auch zivile Produktion umfassen.
Die Dezentralisierung des Daimlerkonzerns dürfte allerdings einen anderen Traum der Erfüllung näherbringen, der in Bonn geträumt wird: Die Schaffung eines europäischen Luft- und Raumfahrtkonzerns, die in der Bundesrepublik bislang am stärksten bei MBB konzentriert sind. Eine Holding-Struktur war bereits nach der Übernahme der AEG-Mehrheit 1986 im Gespräch. Seinerzeit liefen die Überlegungen jedoch eher darauf hinaus, die ursprünglichen Unternehmensstrukturen beizubehalten, und sie nur unter dem Holding-Dach zu vereinigen. Nunmehr werden die einzelnen Teile auseinandergezogen, und nach neuen Aufgabenbereichen gegliedert.
ulk
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