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Nach „Barschel-Brief“: Stoltenberg attackiert NDR

CDU leitet „erste rechtliche Schritte“ gegen 'Panorama‘ ein / Kieler CDU bleibt dabei, daß „alles Lüge“ sei  ■  Aus Kiel Petra Bornhöft

Der CDU-Landesverband Schleswig-Holstein und sein Vorsitzender Gerhard Stoltenberg haben jetzt „erste rechtliche Schritte“ gegen das NDR-Fernsehmagazin Panorama eingeleitet. Wegen des Beitrages über den angeblichen Barschel-Brief vom 3.Oktober 1987 hat sich Stoltenberg beim NDR-Intendanten Dr. Peter Schiwy beschwert und gleichzeitig dem Sender gestern ein Gegendarstellungsgesuch zugeleitet. Gegenüber der taz bestätigte die NDR-Pressestelle den Eingang dieser Schreiben ebenso wie den Versuch Stoltenbergs, die Ausstrahlung des Panorama-Beitrages zu verhindern.

Nichts bekannt dagegen ist beim NDR von einer Strafanzeige des früheren CDU-Generalsekretärs Rolf-Rüdiger Reichardt. Dieser hatte noch in der vergangenen Woche gegenüber der taz angekündigt, er werde „jeden juristisch belangen“, der behaupte, er, Reichardt, habe den „Barschelbrief“ in der CDU -Geschäftsstelle schon im letzten Jahr gesehen.

Genau dies aber hatte Panorama in der Sendung unter Berufung auf einen nicht genannten Informanten behauptet. Der Brief, in dem Stoltenberg und Mitglieder des Landesvorstandes der Mitwisserschaft und Billigung von Barschels Machenschaften beschuldigt werden, soll im Oktober letzten Jahres von drei Personen in der CDU-Geschäftsstelle gelesen und dann an Reichardt weitergegeben worden sein, hieß es in der Sendung.

„Alles Lüge“, so lautet der Tenor einer gestern von der CDU in Kiel verbreiteten vierseitigen Broschüre zum Barschel -Brief. Unter Berufung auf die Grünen, den 'Spiegel‘ und „andere Kenner des Briefes“ wiederholt die CDU deren und ihre eigenen Argumente für eine Fälschung des Briefes. Zudem hätten „alle an jenen Tagen in der Landesgeschäftsstelle anwesenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (versichert), daß ein solcher Brief nicht eingegangen und daß er weder geöffnet noch gelesen wurde“. Einige der „14 bis 15 Mitarbeiter“, so CDU-Sprecher Bernd Sanders zur taz, „haben dies auch schriftlich versichert“.

Vom NDR-Intendanten forderte Stoltenberg am Wochenende schriftlich, „die Umstände der Sendung dienstlich zu untersuchen“. Empört äußerte sich der Landesparteichef über die „Verletzung der journalistischen Sorgfaltspflicht“ durch Panorama.

Als besonders unverschämt empfindet die CDU, daß der zuständige Redakteur bei seinem Besuch in Kiel in der vorletzten Woche offen ließ, ob der Beitrag gesendet werde.

„Als sich die Anzeichen dafür mehrten“, so die Broschüre, hat Stoltenberg die NDR-Chefredaktion und den NDR -Intendanten schriftlich aufgefordert, „von einer Berichterstattung, insbesondere von einer Verbreitung des Inhaltes (des Briefes, d. Red.) abzusehen“. Genauso war Stoltenberg Anfang Mai mit dem Nachrichtenmagazin der 'Spiegel‘ verfahren, der die Geschichte ruhen ließ.

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