: „Verweigerung. Vermeidung“
Oliver, 27, Student, Pornokonsument seit drei Jahren ■ I N T E R V I E W
taz: Du bist eine Schönheit. Lange blonde Haare, das Gesicht...
Oliver: ... eines Engels. Gib Dir keine Mühe. Was glaubst du, wie oft ich das schon gehört habe. Und jeder denkt natürlich, er sagt mir das zum ersten Mal. Ich kann es nicht mehr hören. Und genau da liegt da Problem.
Welches Problem?
Du willst doch sicherlich wissen, warum so einer wie ich durch die Pornoschuppen zieht?
Ja, du fällst auf in dieser Umgebung.
Hier bin ich für mich. Hier stört mich niemand. Ich habe kein Lust mehr, das Zuckerstückchen für die Frauen zu sein. Es ist immer das gleiche, vor allem mit den Emanzipierten, so um die 40. Die alles schon hinter sich haben, die Frauenbewegung, die Karriere, viele Beziehungen. Vor allem die machen mich an. Früher, da war ich geschmeichelt. Bis ich merkte, was sie wollten. Den pflegeleichten Geliebten, den Sensiblen, den Sohnersatz. Wenn sie Kinder haben wollen, sollen sie sich welche anschaffen. Und zwar mit den Kerlen, mit denen sie schon immer zu tun hatten.
Und die Männer?
Oh, Gott, die Schwulen! Ich habe es ein paar Mal probiert. Nicht, daß ich keine Lust hätte mit Männern zu schlafen . Aber die inszenieren doch nur ihre Vorstellungen von Männlichkeit. Oder suchen ihre verlorene Jugend bei mir.
Deine Porno-Leidenschaft ist also eine Verweigerungsstrategie?
Verweigerung. Vermeidung. Nenn es, wie du willst. In meiner Kabine habe ich meine Ruhe. Hier gibt's keine Ansprüche und nicht diese blöden Projektionen. Ich hole mir hier das, was ich brauche. Das kann ganz verschieden sein, worauf ich gerade Lust habe. Ich zahle dafür und bekomme das, was ich sehen will. Das ist doch korrekt so.
Wie lange willst du das noch machen?
Was weiß ich. Vielleicht lerne ich mal jemanden kennen, und es klappt die Beziehung. Ich weiß es nicht.
Was hältst du von der PorNo-Debatte?
Zwiespältig. Ich kann die Frauen verstehen, die PorNo sagen. Schließlich kommen sie in diesen Filmen hier schlecht weg. Und dann ärgere ich mich immer wieder, wenn ich merke, daß sie noch nie 'nen Porno gesehen haben, aber genau wissen, was für ein Teufelszeug das ist. Sie sollten nicht vergessen, daran zu denken, daß die Männer, die sich sowas reinziehen, genau wissen, daß sie hier keine Realität geboten bekommen. Ich weiß jedenfalls sehr genau, daß ich mir hier Filme angucke.
Interview: Elmar Kraushaar
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