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Spielbank-Kugel rollt in Mainz

■ Der rheinland-pfälzischen CDU droht ebenfalls ein Spielbank-Skandal / 'Spiegel‘ berichtet über „Mauscheleien“ bei der Lizenzvergabe für Spielbank in Bad Ems / Vogel-Konkurrent Wilhelm unter Druck

Berlin (taz) - Nach den niedersächsischen Christdemokraten droht nun auch der rheinland-pfälzische CDU-Landesverband vom Skandalstrudel um die Vergabe von Spielbank-Lizenzen erfaßt zu werden. Im Vorfeld der Konzessionsvergabe für die Spielbank Mainz/Trier/Bad Ems im Jahr 1986 ist es nach einem Bericht in der jüngsten Ausgabe des 'Spiegel‘ zu Mauscheleien gekommen, die sich für Lizenzgeber und Lizenznehmer gleichermaßen bezahlt gemacht haben.

Dem inzwischen verstorbenen Berliner Baulöwen Friedrich Schröder honorierten die für die Konzessionen zuständigen Mainzer Ministerien (Finanz- und Innenministerium) laut 'Spiegel‘ eine 500.000-DM-Spende zugunsten der defizitären Staatsbadgesellschaft Bad Ems mit 33 Prozent der Spielbankanteile. Die milde Gabe sei als „Zuschuß für Infrastrukturmaßnahmen“ getarnt gewesen. Der Gründer der Massa-Märkte, Karl-Heinz Kipp, In Bad Ems mit 22 Prozent mit von der Partie, ließ im Jahr der Lizenzvergabe 50.000 Mark springen, seine Firma rundete die Summe mit einer Spende gleicher Höhe ab.

Ein weiterer Spielbanken-Konzessionär könnte insbesondere dem rheinland-pfälzischen Umweltminister Hans-Otto Wilhelm gefährlich werden. Es handelt sich um den früheren Geschäftsführer der Mainzer Verlagsanstalt (MVA), Eckhard Kentsch, früher engagierter Kampfgefährte der CDU bei der Umsetzung ihre Privatfunkpläne, heute Angeklagter vor einer Wiesbadener Wirtschaftsstrafkammer, die ihm Betrug und Untreue in Millionenhöhe im Zusammenhang mit dem Verkauf des MVA-eigenen 'Darmstädter Tagblatts‘ vorwirft (s. taz vom 28.10.88). Kentsch, seit 22 Monaten in Haft, hält immer noch 11 Prozent der Bad Emser Spielhölle und außerdem - nach den Recherchen des Hamburger Nachrichtenmagazins - „ein politisch wie privat sehr enges Verhältnis“ zu Hans-Otto Wilhelm. Der Umweltminister will am Freitag dieser Woche Ministerpräsident Vogel als Parteivorsitzenden ablösen.

Die Staatsanwaltschaft in Wiesbaden recherchiert gegenwärtig mögliche Querverbindungen zwischen den verlegerischen Machenschaften des Angeklagten Kentsch und seiner Beteiligung an der pfälzischen Spielbank. Unklar ist laut 'Spiegel‘, ob Kentsch seine 1,1-Millionen-Einlage aus den Betrugsgeschäften mitfinanziert hat, die ihn in den Knast brachten.

In ersten Stellungnahmen bezeichnete die rheinland -pfälizische Landesregierung alle Vorwürfe als „haltlos“. Ihr eigenes Vorgehen im Zusammenhang mit der Vergabe der Spielbank-Lizenzen siedelt die Landesregierung in diversen Erklärungen irgendwo im schmalen Spektrum zwischen „völlig lupenrein“ (Regierungspsrecher Schreiner) und „blütenrein“ (Finanzminister Carl-Ludwig Wagner) an. Der Geschäftsführer der Staatsbadgesellschaft Bad Ems, Götz, erklärte zu den Vorwürfen, bei den 500.000 DM von Schröder habe es sich um eine Beihilfe zur Förderung der Infrastruktur zweier Kliniken gehandelt, an deren Bau der Berliner Baulöwe beteiligt gewesen sei. Ein entsprechende Vereinbarung sei bereits 1981 erzielt worden. Zur 100.000-Mark-Doppelspende von Kipp und seiner Firma im Jahr der Lizenzvergabe liegt eine Stellungnahme bisher nicht vor. Der Massa-Milliardär fehlt in den Jahren zuvor auf den CDU-Spendenlisten.

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