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Angst ist ein schlechter Ratgeber, heißt es in einem Sprichwort. Wie wahr! Doch bei der Viezahl der Delikte, die begangen werden, läuft einem der kalte Schweiß über den Rücken. Mir jedenfalls. Den Verfassern des Polizeiberichts scheint es da anders zu gehen. Ihre Niederschrift der Ereignisse liest sich knochentrocken. Routiniert und kalt wird darin Bilanz gezogen. Am Donnerstag, dem 10.11., gab es sechs Straftaten gegen Leib und Leben, 37 Diebstähle, drei Rauschgiftdelikte, zwei Auto-Diebe und fünfmal Raub.
Im Spandauer Stadtforst ist eine, bisher nicht identifizierte, Leiche gefunden worden. Die mit einem Jeansanzug bekleidete Frau, deren Alter zwischen 16 und 25 Jahren geschätzt wird, ist nach bisherigen Untersuchungen seit knapp zwei Jahren tot. Die Todesursache ist noch nicht geklärt, Mord jedoch wahrscheinlich.
Schwere Körperverletzung in zwei anderen Fällen: Ein etwa 20jähriger Mann hat in einer Kneipe in der Werbellinstraße den 44jährigen Kurt S. niedergestochen. S. mußte mit Verletzungen im Gesicht und am Oberkörper in ein Krankenhaus eingeliefert werden.
Ebenfalls in Neukölln meldete ein Mann, daß sich seine Bekannte, die 59jährige Renate L. aus Reinickendorf, mit lebensgefährlichen Stichwunden in seiner Wohnung befinde. Schon seit mehreren Tagen liege sie dort. Ermittlungen ergaben, daß Harald L., Sohn der Verletzten, unter Alkoholeinfluß und völlig ohne Grund mit einem Fleischmesser auf seine Mutter eingestochen hatte. Harald L. wurde festgenommen.
Aber nicht nur drinnen, sondern auch auf der Straße lauert die Gefahr. Ein Beispiel: In der Heidestraße fuhr Norbert Sch. mit seinem Auto Schlangenlinien, ohne auf den Gegenverkehr zu achten. Die 24jährige Marija A., eben auf jener Gegenspur, paßte hingegen auf. Mit schlimmen Folgen. Bei einem Ausweichversuch raste sie mit ihrer Karre frontal gegen den Kleinlaster von Joachim B. Auch Sch. verunglückte. Er knallte gegen einen Baum und verlor vorerst seine Fahrerlaubnis.
Mord in Spandau, Messerstechereien in Neukölln, Verkehrschaos in Tiergarten, im vornehmen Wannsee wird geklaut. Durch eine aufgebrochene Kellertür drangen nächtens Diebe in die Villa der 50jährigen Geschäftsfrau Hildegard N. ein und ließen allerhand mitgehen. Figuren und Geschirr aus Meißener Porzelan sowie einige wertvolle Bilder wurden gestohlen. Auch einige Orientbrücken sind weg. Der Schaden beträgt mehrere zehntausend Mark. Für die Wiederbeschaffung der Kostbarkeiten wurde eine Belohnung ausgesetzt.
Unser Resummee: Auch Angsthasen leben gefährlich.
hosch
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