piwik no script img

Wildwasser eingedämmt

■ Erhebliche Finanzprobleme im Prestige-Projekt für sexuell mißbrauchte Mädchen Enormer Bedarf an Unterbringungsmöglichkeiten kann nicht gedeckt werden

Das Kreuzberger Projekt Wildwasser e.V., das sexuell mißbrauchten Mädchen Beratung und Unterstützung anbietet, steckt in massiven finanziellen Problemen. Ein Jahr nach der Eröffnung der Beratungsstelle, die als Modellprojekt von Bund und Land gefördert wird, stehen jetzt zwar geeignete Räume für eine Zufluchtswohnung zur Verfügung, in der 14 bis 18jährige mißbrauchte Mädchen Schutz finden können. Doch die erforderlichen Umbaumaßnahmen können nicht abgeschlossen werden, da der Senat sich weigert, die vorhandenen und ursprünglich für den Umbau vorgesehenen Gelder auszuzahlen. Eine Stellungnahme des Senats für Jugend und Familie war bislang nicht zu erhalten. „Wir haben im laufenden Haushaltsjahr Sachkosten für die Wohnung in Höhe von ungefähr 35.000 Mark eingespart, das nun für den Umbau verwendet werden sollte“, erklärte eine Mitarbeiterin. „Doch obwohl wir bereits die mündliche Zusage für eine derartige Umwidmung hatten, sollen wir nun leer ausgehen.“

Die Wildwasser-Frauen sehen in dieser Entscheidung auch eine Mißachtung ihres inhaltlichen Konzepts, in dem die Fluchtwohnung ein wichtiger Bestandteil ist. „Die Wohnung soll den Mädchen die Möglichkeit geben, einen eigenen Raum zu bewohnen, in dem sie selbst bestimmen können, wann sie alleine sein möchten oder nicht“, so Projektmitarbeiterin Susanne Jackstell, „das ist besonders wichtig, weil bei sexuell mißbrauchten Mädchen die Privatsphäre empfindlich verletzt wurde, da beispielsweise der Täter in ihr Zimmer eindrang.“ Wegen der Finanzprobleme muß die Wohnung später als geplant eröffnet werden und kann nur vier statt der erhofften sechs Plätze anbieten.

Die werden jedoch dringend benötigt. Den Frauen von Wildwasser wurde bereits aus verschiedenen Einrichtungen der Familienfürsorge und anderen Projekten signalisiert, daß es einen enormen Bedarf an Unterbringungsmöglichkeiten gibt. Susanne Jackstell: „Die müssen derzeit alle noch irgendwo beim Jugendnotdienst unterkriechen.“

Christine Dankbar

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen