piwik no script img

Gut und Böse-betr.: taz-interne Grenzziehung

betr.: taz-interne Grenzziehung

Es wäre kein Signal der Besinnung zur Umkehr, sondern ein Unternehmen der Selbstentschuldung, wenn ihr an dem mit knapper Mehrheit beschlossenen Antrag auf Entlassung zweier Redakteurinnen festhalten würdet. Thierry hat überzeugend an der eigenen Person dargestellt, wie fließend hier die Grenzen und Übergänge zwischen Angeklagten und Richtern sein können.

Der Antrag auf Entlassung hingegen konstruiert wieder einen einfachen Unterschied zwischen Guten hier und Bösen dort. Ich glaube, dazu habt ihr als Kollektiv nicht das moralische und politische Recht. Was jetzt bei euch zum Eklat geführt hat, war in der taz kein extremer Einzelfall, sondern letztlich immer wieder tolerierter Stil: der Tabu-Bruch als positiver Akt per se, die „Fetischierung der Provokation“, wie Klaus Hartung es zutreffend genannt hat. Hier scheint es die Redaktion als Kollektiv versäumt zu haben, frühzeitig Grenzen deutlich zu machen, die nicht zu überschreiten sind. (...)

Knut Mellenthin, Hamburg 20

Ich mißtraue der moralischen Selbstgewißheit des „Nicht, nicht zweimal, nicht einmal, nicht als Ausrutscher, nicht als Versehen, sondern eben NICHT...„; mir scheinen die Wortführer dieser Haltung allzu sicher, wer gut ist und wer böse.

Grenzziehungen vereinfachen so schön, die außen muß man verurteilen, innen bei uns ist es rein. Wegen dieses impliziten Selbst-Freispruchs frage ich mich, ob die demonstrative Empörung selbst ganz frei ist von Heuchelei. Gilt die alte Rausschmeißer-Logik jetzt als aufrechter Antifaschismus? Sind die schamlosen Formulierungen, dämlichen Verteidigungen nicht ein willkommener Anlaß für eine ganz andere Abrechnung?

Dabei finde ich es sehr gut, daß es zu dieser Debatte kommt; sie trägt wie der Eklat im Bundestag - mehr zur Aufarbeitung bei als gutgemeinte Artikel oder Museumseröffnungen. Aber: REDEN STATT RAUSSCHMEIßEN!

Daniel, Berlin 36

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen