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Rabin gibt Pläne für Nahost-Konferenz auf

■ Israels Verteidigungsminister geht auf Bedingung Shamirs für Regierungsbeteiligung ein / Genscher will internationale Friedenskonferenz

Jerusalem/Berlin (ap/taz) - Zwei Tage nach Ende der Sitzung des palästinensischen Nationalrats in Algier ist der israelische Verteidigungsminister Rabin (Arbeiterpartei) erstmals von der Forderung nach einer internationalen Nahost -Friedenskonferenz abgerückt. Damit hat er die Bedingung des Likud-Blocks unter Ministerpräsident Shamir für eine Neuauflage der großen Koalition erfüllt.

Rabin sagte im israelischen Fernsehen, seine Partei wolle Likud eine Chance geben, „auf ihrem Weg nach Frieden zu streben statt auf unserem.“ Eine internationale Friedenskonferenz war eine der Hauptforderungen der Arbeiterpartei im Wahlkampf gewesen und zugleich der wichtigste Punkt, an dem sich die beiden großen Parteien voneinander unterschieden.

In der Führung der Arbeiterpartei ist die Frage einer Neuauflage der Regierung der „nationalen Einheit“ umstritten. Für Peres ist es die letzte Chance, einen Regierungsposten zu erhalten, auch wenn er unter Shamir kaum Aussichten auf das Außenministerium hat. Rabin möchte gerne Verteidigungsminister bleiben, ein Posten, auf dem er sich bei der Bekämpfung des Palästinenseraufstandes auch in Augen des Likud-Blocks hervorgetan hat. Auch Shamir wäre Rabin auf diesem Posten gerecht, weil es in der eigenen Partei gleich mehrere Kandidaten für diesen Job gibt. Zudem hat sich die Arbeiterpartei mit der Rolle der Opposition immer schwer getan, und dem Ministerpräsidenten käme es gelegen, wenn eine Koalitionsregierung unter seiner Führung nicht allein auf die Gnade der extremen Nationalisten und Religiösen angewiesen ist.

Außerdem hat die Ausrufung des Staates Palästina und die Frage seiner internationalen Anerkennung die beiden großen politischen Blöcke wieder enger zusammenrücken lassen. In der Westbank und dem Gaza-Streifen ist es nach Aufhebung der Absperrungen durch das israelische Militär zu Demonstrationen und Zusammenstößen gekommen, bei denen zehn Palästinenser durch Schüsse verletzt wurden.

Die israelische Regierung hat unterdessen Berichte bestätigt, daß Rabin das israelische Fernsehen angewiesen habe, keine Jubelszenen von der Staatsproklamierung am Dienstag in Algier zu zeigen. Damit sollte vermieden werden, daß es in der Westbank und Gaza zu ähnlichen Freudenkundgebungen komme, hieß es. Die fundamentalistische Gruppe Hamas rief unterdessen zu einem dreitägigem Generalstreik auf. In einem Flugblatt hieß es, die indirekte Anerkennung durch die PLO gebe Israel das Recht auf Palästina.

Der neu ausgerufene Staat ist mittlerweile von 22 Regierungen anerkannt worden, unter anderem auch von Jugoslawien. Bundesaußenminister Genscher bezeichnete die Anerkennung der umstrittenen UNO-Resolutionen 242 und 338 durch den palästinensischen Nationalrat als positiv. Dies könne ein „wichtiger Schritt in Richtung auf einen dauerhaften und gerechten Frieden“ sein. Die Bundesregierung, die in dieser Frage im engsten Kontakt mit den europäischen Nachbarn stehe, halte die Einberufung einer internationalen Konferenz für dringlich, erklärte Genscher. Mit der Konzession Rabins an den Likud-Block aus Gründen der Machterhaltung scheint diese Möglichkeit jedoch für den Augenblick in nebelhafte Ferne zu entschwinden.

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