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Neuer Regierungschef in Mainz

Mainz/Frankfurt (taz) - In Rheinland-Pfalz ist der Thronfolger für den am letzten Wochenende per Ankündigung am 2.Dezember zurücktretenden Ministerpräsidenten Bernhard Vogel gefunden. Der neue Parteivorsitzende Hans-Otto Wilhelm, der Vogel auf dem Koblenzer Parteitag der CDU aus allen Ämtern katapultierte, präsentierte seiner Partei gestern den noch amtierenden Finanzminister Carl-Ludwig Wagner (58) als Kandidaten für das Ministerpräsidentenamt.

Mit der Entscheidung für Wagner hat Wilhelm das Personalkarussell im Land zwischen Rhein, Mosel und Pfalz allerdings erst richtig in Schwung gebracht. Neuer Finanzminister soll nach dem Willen Wilhelms der bisherige Fraktionsvorsitzende der CDU im Mainzer Landtag, Emil Wolfgang Keller (56), werden. Und Wilhelm selbst will als Parteivorsitzender in die Arena zurückkehren, in der er sich als „der Krasse“ einen Namen gemacht hatte. Als Fraktionschef möchte der Parteichef jetzt auch im Landtag die neuen Richtlinien („Wilhelm-Programm“) der Politik der rheinland-pfälzischen CDU umsetzen.

Für den aus Loyalität zu dem geschaßten Bernhard Vogel „freiwillig“ aus dem Amt des Leiters der Staatskanzlei geschiedenen Hanns-Eberhard Schleyer wurde der bisherige Regierungssprecher Hans Schreiner (58) als Nachfolger benannt. Offen ist noch, wer als Nachfolger von Wilhelm neuer Umweltminister wird. Als noch nicht bestätigter Kandidat wird der Koblenzer Regierungspräsident Zwanziger gehandelt, der sich auf dem Parteitag vehement für Wilhelm eingesetzt hatte.

Nach Auffassung der CDU könnte die Ministerpräsidentenwahl in Rheinland-Pfalz schon auf der nächsten Plenarsitzung des Landtags - am 8. und 9. Dezember - über die politische Bühne des Landes gehen. Die CDU-Fraktion muß jetzt ihre 48 Abgeordneten auf den Kandidaten Wagner einschwören. Zwar verfügt die Union im Landtag zusammen mit dem Koalitionspartner FDP (7 Sitze) über 55 stimmberechtigte Landtagsabgeordnete, doch nur fünf Abweichler würden genügen, den Kandidaten Wagner zu Fall zu bringen. Wer in Rheinland-Pfalz Ministerpräsident werden will, muß nämlich um die absolute Mehrheit aller Sitze im Landtag (100) kämpfen. Auf Stimmen aus dem Lager der Opposition von SPD und Grünen (SPD 40/Grüne 5) können Wagner und Wilhelm nicht zählen. Die historisch bedingte Rivalität zwischen den Abgeordneten der ehemals zu Bayern gehörenden Pfalz und denen aus dem Norden des Bundeslandes führte bereits in der Vergangenheit zu heftigen parteiinternen Auseinandersetzungen bei diversen Kandidatenaufstellungen. Auf dem 35. Parteitag in Koblenz hatten sich denn auch die Pfälzer Delegierten aus der Heimat Helmut Kohls um Bernhard Vogel geschart, während die Parteigänger Wilhelms aus Koblenz, Trier und auch aus Mainz kamen. Hätte Wilhem selbst für das Amt des Ministerpräsidenten kandidiert, seien ihm im Landtag „mindestens vier Gegenstimmen“ aus den Reihen der als „hinterwäldlerisch“ geltenden Pfälzer sicher gewesen, meinten noch am Mittwoch „gewöhnlich gut unterrichtete Kreise“.

Klaus-Peter Klingelschmitt

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