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Hochtemperaturreaktor ausgebolzt

■ 20 fehlende Bolzen und ein Graphitteil am falschen Ort legen den THTR 300 in Hamm-Uentrop lahm / NRW-Wirtschaftsminister Jochimsen schaltet TÜV ein / Wiederinbetriebnahme nicht absehbar

Berlin (taz) - Der seit Ende November abgeschaltete Hochtemperaturreaktor in Hamm-Uentrop geht wegen schwerer Schäden an den sogenannten Heißgaskanälen auf absehbare Zeit nicht wieder ans Netz. Das erklärte das Düsseldorfer Wirtschaftsministerium als atomrechtliche Aufsichtsbehörde am Dienstag gegenüber der taz. Vier der insgesamt sechs Heißgaskanäle, die das Kühlmittelgas Helium aus dem Reaktorkern zum Dampferzeuger leiten, seien inzwischen mit Hilfe ferngesteuerter Kameras auf Schäden untersucht worden, sagte Ministeriums-Sprecher Ulrich Brüne. In den vier Kanälen fehlten insgesamt 20 Bolzen, die zur Befestigung wärmeisolierender Platten an den Kanalinnenwänden gedient hatten. Es sei zu erwarten, daß sich auch in den beiden anderen Kanälen Befestigungsbolzen gelöst hätten. Rätsel gibt vor allem ein 20 mal 30 Zentimeter großes „Graphitdrehteil“ auf, daß die Fahnder in einem der Gaskanäle fanden.

Inzwischen hat Wirtschaftsminister Jochimsen den TÜV in Essen eingeschaltet. Die TÜV-Prüfer sollen vor allem „Ursachenforschung“ betreiben. Ein Termin für die mögliche Wiederinbetriebnahme des einstigen Vorzeigereaktors sei derzeit nicht in Sicht, sagte Brüne.

Es sei „verfrüht, über die Wiederinbetriebnahme zu spekulieren“, meinte auch der Sprecher der Vereinigten Elektrizitätswerke Westfalen (VEW) Horst Niggemeier. Die VEW halten 33 Prozent der Betreibergesellschaft HKG. Ungeklärt ist bisher auch, ob und wie Reparaturen in der unzugänglichen „heißen Zone“ des Reaktors bewerkstelligt werden können. Mit der neuen Panne setzt sich die Serie der technischen Probleme fort, die den Prototypreaktor seit den ersten Betriebsversuchen vor drei Jahren begleitet hat. Ein zweieinhalbmonatiger Stillstand zur Jahreswende 86/87 kostete die Gesellschafter laut Geschäftsbericht 1987 runde 10,2 Millionen Mark.

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