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Landrat umgefallen - Uranfabrik steht

Anweisung zur Stillegung der Urananlage Ellweiler zurückgenommen / Betrieb soll durch nachträgliche Genehmigung legalisiert werden / Helle Empörung bei Umweltschützern / Anlage lief 30 Jahre ohne Genehmigung  ■  Von Manfred Kriener

Berlin (taz) - Der Birkenfelder SPD-Landrat Ernst Theilen ist „umgefallen“. Die illegal arbeitende Uranfabrik Ellweiler soll nicht, wie von ihm bereits angeordnet, zum 15. Dezember stillgelegt werden. Nach einem Treffen hinter verschlossenen Türen im Mainzer Umweltministerium erklärte Theilen am Montag, man habe sich statt dessen auf eine „aufschiebend bedingte Stillegungsanordnung“ verständigt. Hinter dieser nebulösen Formulierung verbirgt sich ein nachgeschobenes Genehmigungsverfahren. Innerhalb einer noch nicht festgesetzten Frist soll die Betreiberin der Uranfabrik, die „Gewerkschaft Brunhilde“, einen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsantrag nachreichen. Dann, so Landrat Theilen, „läuft ein ganz normales Genehmigungsverfahren“. Die Anlage war 30 Jahre lang ohne diese immissionsschutzrechtliche Genehmigung gelaufen. Der rheinland-pfälzische CDU-Parteichef und Noch-Umweltminister Wilhelm: „Das wurde übersehen und nicht beachtet, das ist richtig.“ Die Uranfabrik mit ihren 25 Beschäftigten soll während des laufenden Genehmigungsverfahrens in vollem Umfang weiterbetrieben werden.

Als Grund für die Zurücknahme der Stillegungsanordnung nannten Umweltministerium und Landrat Theilen ein neues Gutachten, das „eindeutig“ belege, daß eine Verunreinigung der Luft durch die Schwermetalle Blei und Cadmium ausgeschlossen werden könne. Erich Kirsch, der für Ellweiler verantwortliche Abteilungsleiter im Ministerium, ging gegenüber dem Südwestfunk auch auf den Vorwurf ein, daß die nach Strahlenschutzverordnung zulässige radioaktive Höchstdosis in Ellweiler an mehreren Punkten überschritten wird: Neueste Messungen hätten gezeigt, daß „nur noch an zwei Meßpunkten an der Rückseite der Anlage“ der zulässige Maximalwert verletzt werde.

Trotz solch atemberaubender Äußerungen hat die Bürgerinitiative Ellweiler die Sprache wiedergefunden. BI -Sprecher Jürgen Essig kündigte gestern an, daß noch in dieser Woche eine Verpflichtungsklage beim Verwaltungsgericht Koblenz erhoben werde, mit der Landrat Theilen gezwungen werden soll, die „nach wie vor illegal arbeitende Anlage“ endlich stillzulegen. Bürgerinitiative und Grüne, die noch am Wochenende die Stillegung der Uranfabrik als Erfolg ihrer kontinuierlichen Arbeit bezeichneten fühlen sich von Landrat Theilen und der rheinland-pfälzischen Landesregierung verschaukelt. Verschaukelt fühlt sich die BI auch und vor allem, nachdem sie beobachten konnte, daß in Ellweiler schon am Montag dreimal 46 Tonnen Uranerz angeliefert wurden. Die Betreiberin, die laut Stillegungsanweisung die Anlage bis 15. Dezember leerräumen sollte, sei, so Jürgen Essig, offenbar schon vergangene Woche über die Wende des Landrats unterrichtet worden.

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