: Berliner StudentInnen im Untergrund
StudentInnen veranstalten Seminare in U-Bahnhöfen / Trotz neuer bewilligter Gelder für die Hochschulen weitet sich der Streik aus / Weitere Institute besetzt / SchülerInnen beraten über Ausstand ■ Aus Berlin C.C.Malzahn
Tausende Berliner StudentInnen gingen gestern in den Untergrund: An vielen U-Bahnhöfen der Stadt veranstalteten sie Seminare, Vorlesungen und Protestkundgebungen. So musizierten und malten StudentInnen der Kunsthochschule an der Haltestelle „Richard-Wagner-Platz“, am Bahnhof Zoo diskutierten Hunderte Studiosi Aristoteles‘ Über den Staat. Am Donnerstag abend hatten etwa 400 Studierende während einer Sitzung des Abgeordnetenhauses vor dem Rathaus Schöneberg demonstriert. Sie forderten ein Gespräch mit Wissenschaftssenator Turner, statt dessen kam Berlins Regierender Bürgermeister Diepgen. Ein Gespräch mit zehn StudentInnen ergab, so die Gruppe, nichts „substantiell Neues“. Immerhin: Noch am selben Abend wurden zehn Millionen Mark für den Hochschultopf lockergemacht. Weitere zehn Millionen sendet Bundesbildungsminister Möllemann nach Berlin.
Die hektische Transaktion, von CDU und FDP beantragt und beschlossen, verfehlte ihre beabsichtigte Wirkung: In Berlin wird weitergestreikt. Neun weitere Institute der Technischen Universität erklärten gestern ihre Besetzung. Damit sind 19 von 22 TU-Einrichtungen unter studentischer Kontrolle. An der Freien Universität sind nach wie vor alle Institute besetzt. Die Fachhochschulen schlossen sich Mitte der Woche dem Streik an.
Möglicherweise wird sich der Streik auch auf Schulen ausweiten. Berliner SchülerInnen wollen am Wochenende über entsprechende Maßnahmen diskutieren. Auch der Gesundheitsbereich soll nicht verschont bleiben: StudentInnen, die in Krankenhäusern jobben, beraten Arbeitsniederlegungen. Außerdem erwogen gestern auf einer VV MedizinstudentInnen, die im Rahmen ihres Studiums ein Praktikum in Krankenhäusern absolvieren, einen Streik. Die Diskussion dauerte bei Redaktionsschluß noch an.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen