Verschwunden in Peru

■ Der Krieg in den Anden kostete bisher Tausende Tote

Nicht im diktatorisch regierten Chile und auch nicht im kriegsgeschüttelten El Salvador „verschwanden“ 1987 weltweit am meisten Personen, sondern in Peru mit seinem demokratisch gewählten Präsidenten Alan Garcia. Zu diesem Schluß kam jüngst eine Arbeitsgruppe der UNO. Beinahe täglich verschleppen Militärs, Antiguerillaeinheiten und Guardia Civil im Andenhochland Personen, die in dann in der Regel weder lebend noch tot auftauchen. Sie bleiben „verschwunden“.

1980 erklärte die maoistische Guerillaorganisation „Leuchtender Pfad“ der Regierung den Krieg. Im Dezember 1982 übernahm in Ayacucho, der Hochburg der Aufständischen, ein politisch-militärisches Kommando der Armee die Verwaltung. In den folgenden 30 Monaten - so amnesty international in ihrem Bericht vom August 1988 - “'verschwanden‘ Tausende von Peruanern oder wurden Opfer staatlicher Morde“. Über 12.000 Tote hat der Krieg bisher gekostet, in ihrer übergroßen Mehrheit indianische Bauern. Viele wurden von der Guerilla als „Spitzel des Feindes“ hingerichtet, noch viel mehr aber wurden im Rahmen eines „schmutzigen Krieges“ als „Sympathisanten der Guerilla“ ermordet. Peruanische Menschenrechtsgruppen schätzen, daß seit 1982 über 3.200 Personen „verschwunden“ sind. Der Generalstaatsanwalt sprach 1987 vor dem peruanischen Abgeordnetenhaus von 2.714 „Verschwundenen“.

Menschenrechtsverletzungen werden vor allem aus Gebieten mit Ausnahmezustand bekannt, vor allem aus Ayacucho im Süden und aus San Martin im Norden des Landes. Die Justiz wird dort von den lokalen Militärbehörden in ihrer Arbeit systematisch behindert. Selbst Repräsentanten des Ministeriums für Öffentliche Angelegenheiten erhalten von den verantwortlichen Stellen keine Berichte über Verhaftungen.

Cayara ist ein Fall, der für viele steht. Am 14.Mai dieses Jahres wurden in Cayara im Departement Ayacucho 29 Dorfbewohner erschossen, unter ihnen der Schuldirektor, Mitglieder des Gemeinderates und einige Schüler. Offenbar war es die Antwort auf eine Guerillaattacke vom Tag zuvor, bei der im benachbarten Erusco vier Soldaten getötet worden waren. Als die ersten Beschuldigungen auftauchten, warnten die Militärs in einem Kommunique vom 18.Mai davor, „die Fortsetzung der Aktionen zur Verhaftung der subversiven Verbrecher, die für den Überfall auf die Armeepatrouille verantwortlich sind, zu verhindern“. Der Presse wurde der Zutritt zum Gebiet verwehrt, und ebenso zunächst Carlos Escobar Pineda, dem Vorsitzenden der Sonderkommission der Staatsanwälte, die für Menschenrechtsverletzungen zuständig ist. Als er in Begleitung am 27.Mai schließlich eintraf, um die Gräber zu untersuchen, in denen nach Auskunft der Militärs die Toten bestattet worden waren, fehlten die Leichen. Zurück in Lima berichtete Escobar, er habe Teile von blutverschmierten Schädelknochen in den leeren Gräbern gefunden. Alles weise im übrigen darauf hin, daß die Leichen von der Armee weggeschafft worden seien.

Cayara steht für die vielen Fälle von staatlichen Verbrechen, gegen die Menschenrechtsorganisationen am Freitag in Lima demonstrieren wollten. Die Kundgebung wurde verboten.

thos