Remscheider „GAU“ weiter ungeklärt

■ Militärs, Remscheider Stadtdirektor und Klinikchef weisen Bericht über scharfe Ladung der abgestürzten Maschine zurück / Krach in der Hardthöhe um Aussetzen der Übungsflüge / Scholz übergangen

Berlin (taz) - Die Befürchtung der Remscheider Grünen, daß die am Donnerstag abgestürzte Militärmaschine mit scharfer und hochgiftiger Munition geladen war, ließ sich gestern nicht weiter erhärten. Die amerikanischen Militärs, der Remscheider Stadtdirektor und der Betriebsdirektor der Klinik im Stadtteil Lennep wiesen unisono die grünen Vorwürfe zurück, wonach zwei schwerverletzte Opfer der Flugzeugkatastrophe von Pflegepersonal in Schutzanzügen behandelt und von amerikanischen Soldaten bewacht worden seien. Der Stadtrat der Grünen, Udo Zarstedt, hatte vermutet, daß der abgestürzte Militärjet Gefechtsmunition des Typs „GAU 8/M“ an Bord gehabt hat. Die Projektile dieser Gefechtsmunition für die 30 Millimeter-Kanonen des „A 10 -Thunderbolt„-Jets bestehen aus hochgiftigem „depleted uranium“, das heißt aus abgereichertem Uran-238, das als Abfallprodukt der Atomenergienutzung anfällt. Aufgrund des hohen spezifischen Gewichtes des Urans wird diesen Geschossen - aus der neuesten Generation der Waffentechnologie - eine besondere Durchschlagkraft nachgesagt. Ein amerikanischer Militärsprecher versicherte gestern abermals, es sei nur Übungsmunition an Bord gewesen. Aus der radiologischen Untersuchung des Unglücksortes läßt sich allerdings schließen, daß den Verantwortlichen zumindest unklar war, welche Munition die Maschine geladen hatte. Der Einsatz von Geigerzählern ergibt nur in Zusammenhang mit der Suche nach dem schwachaktiven Uran-238 einen Sinn.

Die Katastrophe von Remscheid hat nun auch zu einem „handfesten Krach“ in der Bonner Hardthöhe geführt. 'dpa‘ berichtet, die Alliierten seien von der Entscheidung, sämtliche militärischen Übungsflüge bis zum 2.Januar 1989 auszusetzen, überrascht worden. Auch soll der zuständige Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Peter Kurt Würzbach, die „globale Anweisung“ eigenmächtig getroffen haben, obwohl Verteidigungsminister Rupert Scholz ihm andere Weisungen gegeben habe. Während die Alliierten aus „Solidarität“ die Entscheidung Würzbachs unter Mißfallensäußerungen mittragen, könne Scholz allein schon aus innenpolitischen Erwägungen die Anordnung jetzt nicht mehr rückgängig machen.

Am Vorabend der heute in Würzburg beginnenden 30.Kommandeurstagung, sorgen sich nach dem Absturz die Militärs um ihr Image. Im Mittelpunkt der Tagung der 450 Generäle und Admiräle wird vor allem die Akzeptanz und die Legitimation der Bundeswehr stehen. Nicht nur die gehäuften Flugzeugabstürze nagen am selbstgefälligen Bild der Bundeswehr, auch die Friedensinitiativen Gorbatschows hätte den Bundesbürgern vorgegaukelt, so der Generalinspekteur der Bundeswehr Wellershof, „daß die eigene Friedfertigkeit ausreicht, um die Bundesrepublik zu schützen“.

Wolfgang Gast