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Drucker machen Druck

■ Das Streikvirus infizierte gestern Berufs- und Fachschüler des „OSZ-Drucktechnik“ in Reinickendorf

Weil der Senat demnächst beschließen will, daß das Fachabitur in Drucktechnik nicht mehr ausreichen soll, um an der Hochschule der Künste studieren zu können, trat gestern ein Teil der Berufs- und Fachoberschüler des Oberstufenzentrums Drucktechnik (OSZ) in den Streik.

Gleichzeitig wurde ein umfassender Forderungskatalog vorgelegt. Darin wird sich insbesondere gegen die Abwertung des Zweiten Bildungsweges ausgesprochen. Die Streikleitung verlautbarte: „Durch die neuen Bestimmungen droht der gesamte Fachbereich Drucktechnik ins Abseits zu geraten. Wenn wir nicht mehr an der Uni studieren dürfen, hat sich doch unsere Ausbildung erledigt.“ Betroffen von der drohenden Senatsentscheidung wären nicht nur etwa 100 Schüler, sondern auch deren Lehrer, die dann entlassen werden müßten. Deshalb fand der Protest auch in der Lehrerschaft zwar verdeckte, aber breite Unterstützung.

In einem weiteren Punkt des Streikpapieres wird angeprangert, daß der Unterricht im Oberstufenzentrum wenig praxisbezogen sei. Ungenutzte Werkstätten, Maschinen und Werkzeuge dürfe es nicht geben. Deshalb wollen die Schüler in Zukunft bei der Aufstellung des Lehrplanes mitwirken. Unterdessen hat der Direktor des OSZ, Kaufmann, den streikenden Schülern mit Repressionen gedroht. Er wolle nur mit den direkt Betroffenen verhandeln. Die etwa 900 übrigen Schüler forderte er auf, umgehend wieder in die Klassen zurückzukehren. Kaufmanns Drohung: Der Streik soll den Schülern als Fehlstunden angerechnet werden, was zur Folge haben könnte, daß sie die Lehranstalt verlassen müßten. Das wirkte. Ein großer Teil der Schüler setzte daraufhin den Unterricht fort. Ansonsten erwies sich Kaufmann als sturer Pauker. Er kappte eine Telefonleitung und verhinderte das Kopieren von Streikblättern.

Ein weiteres Streikthema ist die Asbestproblematik an der OSZ. Zwar wurden in der Vergangenheit mehrfach Tests vorgenommen, doch deren Ergebnisse blieben unveröffentlicht. Die Vermutung der Streikleitung: „Da wird uns etwas verheimlicht. Wir fordern mehr Aufklärung und Informationen über Asbest. Auch eine objektive Schadstoffmessung muß her.“

Viele Schüler klagen seit geraumer Zeit über Kopfschmerzen und Müdigkeitsanfälle. Die Streikenden brachten diese Erscheinungen mit einer großen Batterienfabrik, die in der Nachbarschaft des OSZ angesiedelt ist, direkt in Verbindung. Bis nächsten Donnerstag soll der Streik fortgesetzt werden.

Holger Schacht

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