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„Charly“: Der Held von Göteborg

„Super-Sieg“ (Boris Becker), „Fantastisch“ (Schwedens Trainer Hasse Olsson), „Junger Kämpfer mit guten Beinen“ (Ion Tiriac). Um so mit Lob überschüttet zu werden, muß man einen Matchball gegen sich haben im fünften Satz eines Davis -Cup-Finals und dann auch noch frech sein: „Entweder ich mach‘ jetzt den Punkt oder es ist aus.“ Carl-Uwe Steeb „machte“ den Punkt und noch zehn weitere und landete mit einem Sieg über Mats Wilander eine der größten Sensationen im Davis Cup.

Die an Helden ohnehin nicht arme jüngere deutsche Davis-Cup -Geschichte ist am Freitag im „Scandinavium“ von Göteborg um ein farbiges Kapitel erweitert worden. „Am Rande der Substanz, aber glücklich“, beschrieb Steeb seinen Zustand nach dem Thriller. Als der 21jährige Stuttgarter 5:09 Stunden nach dem ersten Aufschlag im vorher vermeintlich hoffnungslosesten Match des Endspiels den Ball ein letztes Mal ins Feld des Gegners gedroschen hatte, war noch genug Kraft zum Jubeln vorhanden. Sein Freudensprung in die Arme des deutschen Kapitäns Niki Pilic war jedenfalls nicht von schlechten Eltern.

Bei Spieler und Trainer entlud sich in diesem Moment die enorme Anspannung. Pilic war mit der Aufstellung des 74. der Weltrangliste ein Risiko eingegangen, denn Steeb hatte den Druck eines Davis-Cup-Matches noch nie kennengelernt. Die einzige Erfahrung brachte er aus den zwei unbedeutenden Spielen beim 5:0 gegen Brasilien mit. Er war damals nur Ersatz für Eric Jelen.

Mit Ausnahme der Australian Open (Achtelfinale) und dem olympischen Turnier (Viertelfinale) hatte Linkshänder Steeb in diesem Jahr keine Bäume ausgerissen. Erst seine herausragende Bilanz in der auf Sand gespielten Bundesliga (11:1 Siege) und die Formsteigerung in den letzten zwei Monaten gaben den entscheiden Fingerzeig.

Steeb war vor allem psychisch stabiler geworden. Er hatte aus schlechten Erfahrungen gelernt. „Anfang des Jahres habe ich etwas abgehoben, habe geglaubt, ich käme automatisch ganz nach oben“. Auf den Davis-Cup hatte sich Steeb sorgfältig wie nie vorbereitet. Schon eine Woche, bevor sich die Mannschaft zum gemeinsamen Traing versammelt hatte, arbeitete er zu Hause mit Verbandstrainer Günther Metzger täglich fünf Stunden auf Sand. Mit Erfolg: Der Schwabe war dem Laufwunder Wilander auch konditionell überlegen.

Von größter Bedeutung für die Entwicklung des deutschen Herren-Tennis ist die Erkenntnis für Pilic, daß er in Steeb eine weitere verläßliche Alternative besitzt. Die notwendige Entwicklung vom Ein-Mann-Team Becker zur schwer ausrechenbaren Allround-Mannschaft ist geglückt.

Begeistert von Steeb war auch die schwedische Presse:

'Göteborgs Posten‘: „Carl-Uwe Steeb stahl Wilander und Schweden den Abend. Der schwedische Champion war am Schluß unendlich müde, und ein Nobody schickte ihn ins Bett. Daß Steeb diesen Wilander auf Sand in Schweden schlagen könnte, war - vorher - unmöglich. Doch was ist schon vorstellbar?

'Dagens Nyheter‘: „Respektlos, wie dieser Carl-Uwe Steeb sein Feuerwerk abbrannte. Die deutsche Sensation leitete das Davis-Cup-Finale mit einem Riesenknall ein.

'Svenska Dagbladet‘: „Die Tennis-Geschichte hatte uns wieder einmal etwas Aufregendes zu erzählen. Vorteil Deutschland. Selbst der Held Carl-Uwe Steeb dachte vorher nicht im Traum daran, daß das eintreten könnte, was dann im 'Scandinavium‘ geschah. Steeb war stark, war unglaublich kühl.

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