: Klipp und ein bißchen zu klar
■ In der Kneipe des Kulturzentrums Schlachthofs sind Bilder der Malerin Franziska Uhl zu sehen/ In Ottersberg studieren bedeutet nicht immer eurythmisch malen
Selten sind in den letzten Jahren Ausstellungen von MalerInnen geworden, wo neben der leisen, für Laien kaum verstehbaren Formsprache von Inhalten die Rede war. Eine Ausstellung der jungen Bremer Malerin Franziska Uhl in den Räumen der Schlachthofkneipe zeigt Inhalt.
Franziska Uhl studiert in Ottersberg Freie Malerei. Von einer, die das Malen bei den Anthroposophen lernt, könnte der ungesunde Volksverstand vielleicht harmonische Linien, gar lichte Farben und zarte, sfumatöse Konturen erwarten, bildgewordene Eurythmie also. Nichts, aber auch gar nichts ist vom harmlos-seichten Charme der Ottersberger Niederung in ihren Bildern wiederzuerkennen. Sie zeigt in ihrer Ausstellung im Schlachthof sehr eindeutige Eindeutigkeit.
Zehn Bilder sind zu sehen.
Schon beim ersten Rundblick durch die Ausstellung wird klar, daß sich die Arbeiten einem eng begrenztem Thema widmen: Es geht um Herrschaft im Umgang mit Beherrschten. Ausschliesslich werden hier Politikmänner in klassischer Herrscherpose gezeigt, die Beherrschten werden dagegen nicht als Widerständler oder aufmüpfiges Volk dargestellt, sondern schlicht als gemeine Arschkriecher.
Ein sechsteiliges Bild,„Der Untertan“ zeigt in penetranter Wiederholung den sich beugenden Menschen. Die Ursache fehlt, die Bilderreihe zeigt nur die Wirkung. Wenn sich nun eine Malerin Ende der Achziger Jahre die Themen von Hartfield und Tucholsky, von Grosz und Heinrich Mann aneignet, sie abernicht neu interpretiert, keine zeitgenössischen Details hinzufügt, so muss
das nicht Ausdruck von künstlerischer Einfallslosigkeit sein. Die Wiederholung ist hier Mittel, gleichgebliebene Verhältnisse zu beschreiben. Die grob gegenübergestellten Pole von Führer und Verführtem erinnern in ihrer holzschnittartigen Wirkung an gemalte Karikaturen. Allerdings verweigert Franziska Uhl ihren Bildern die für Karikaturen notwendige Pointe. Ohne barocke Schnörkel und filigranes Beiwerk wollen die Bilder bestehende Verhältnisse abbilden. Die Einfachheit der Malerei, die Reduzierung auf das für den Inhalt wesentliche Moment, die Wiederholung der Themen ist für den Betrachter bedrückend. Bedrückend wie die Tagesschau.
G.T.
Die Ausstellung ist bis Mitte Januar zu sehen.
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