piwik no script img

Späte Satisfaktion für VoBos

■ Sieben Monate nach dem Ende der Bremer Volkszählung wird 1.700 Widersprüchen gegen Zwangsgeldandrohung stattgegeben / Portokosten können erstattet werden

1.700 Bremer Volkszählungs boykotteurInnen, die noch kurz vor der abrupten Beendigung der Bremer Erhebung im Mai Widerspruch gegen die Androhung eines Zwangsgeldes erhoben hatten, bekommen nun Satisfaktion. „Ihrem Widerspruch wird abgeholfen“, schreibt ihnen allen jetzt das Statistische Landesamt und teilt den VoBos mit, daß ihre persönlichen Daten nicht mehr benötigt werden, da sie „im zulässigen Umfang“ aus dem Melderegister übermittelt wurden. Die Zwangsgeldandrohung „ist damit gegenstandslos geworden“, schreibt die Behörde und weist auf die Möglichkeit einer Kostenerstattung hin.

„Auf Antrag können die 80 Pfennig Porto für den Widerspruch und der Preis für ein Blatt Papier geltend gemacht werden“, erläutert die Pressesprecherin des

Innensenators die frohe Botschaft an die VoBos. Unklar ist jedoch, ob auch die 80 Pfennig Porto für den Erstattungsantrag erstattet werden können. Anwaltskosten seien dagegen nach dem Bremischen Verwaltungsverfahrensgesetz auf gar keinen Fall erstattungsfähig, weiß die Pressesprecherin. Denn der Widerspruch gegen die behördliche Zwangsgeldandrohung habe auch ohne besonderen juristischen Rat erhoben werden können.

Jetzt beschäftigt die Volkszählung - über anderthalb Jahre nach dem Stichtag und über ein halbes Jahr nach ihrer offiziellen Beendigung - nur noch das Bremer Verwaltungsgericht. Dort harren immernoch gut 300 „Anträge auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Volkszählung“ einer richterlichen Ent

scheidung. Zwar ist der zugrundeliegende und damals abgewiesene Widerspruch inzwischen hinfällig - schließlich will die Behörde schon lange keine Daten mehr -, doch was einmal vor Gericht gelandet ist, kommt dort nur wieder weg, wenn die Richter entscheiden oder beide Seiten einverstanden sind, die Sache zu vergessen. Der Innensentor hat in den meisten Fällen seine Bereitschaft erklärt, das Verwaltungsgericht will in den nächsten Monaten auch die AntragstellerInnen schriftlich dazu auffordern.

„Das ist jetzt ja nicht mehr eilig“, meint die zuständige Vorsitzende der zweiten Kammer des Verwaltungsgerichts, Brigitte Dreger. Sie hofft darauf, daß die 300 Altlasten der Bremer Volkszählung „dann irgendwann beerdigt werden können.“

Zu klären bleibt dann aller

dings noch die Kostenfrage. Denn im Unterschied zum Widerspruch beim Statistischen Landesamt entstehen für einen Verwaltungsgerichtsprozeß ansehnliche Anwalts- und Gerichtsgebühren. Wer die bezahlen muß - ob VolkszählungsgegnerInnen oder das Land Bremen - hat im Streitfall wiederum das Verwaltungsgericht zu entscheiden. Maßgeblich ist dann, wie die Klage ausgegangen wäre, wenn sie noch nötig wäre. Es ist also durchaus damit zu rechnen, daß auch 1989 noch über die Volkszählung 1987 zu Gericht gesessen wird.

Doch wenn dann die letzten 300 verwaltungsrechtlichen Streitfälle erledigt sind, ist die Volkszählung tatsächlich abgeschlossen - „bis auf die Auswertung der Daten“, ergänzt die Sprecherin des Innensenators.

Ase

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen