: Aids: Rest-Vernunft macht Boden gut
■ Nach einer Umfrage vögeln 83 Prozent der BundesbürgerInnen bei neuen Kontakten mit Kondom
Bonn (dpa) - Die Bundesdeutschen sind wegen Aids deutlich vorsichtiger bei sexuellen Kontakten. Dies ergaben eine Umfrage der Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen, die Staatssekretär Werner Chory vom Gesundheitsministerium am Dienstag in Bonn vorstellte. Danach erklärte mehr als die Hälfte der jüngeren Unverheirateten, daß sie sich vorsichtiger verhalten. 1985 war es erst jeder Siebte gewesen. Neun Prozent der Bundesbürger halten sich aufgrund ihres Sexualverhaltens für Aids-gefährdet.
Unterdessen teilte das Gesundheitsministerium mit, bis zum 31.Dezember 1988 seien insgesamt 2.779 Aids-Fälle registriert worden, davon 190 Frauen. 1.146 der Erkrankten seien bereits gestorben. 72,1 Prozent der gemeldeten Aids -Fälle waren homo- oder bisexuelle Männer, 10 Prozent Fixer und fünf Prozent Bluter.
Nach der im Juli und August 1988 vorgenommenen Wiederholungsbefragung von etwa 2.000 Menschen über 16 Jahren wissen fast alle Bundesbürger über die Übertragungswege von Aids Bescheid. Bei den 16- bis 29jährigen wurde sogar eine 100prozentige Aufklärung erreicht. Ältere Menschen sind allerdings weniger gut informiert als jüngere, weil sie, so sagte Chory, die alltägliche Bedeutung der Informationen für sich nicht sähen.
83 Prozent der Befragten erklärten, sie würden bei einer neuen Partnerschaft nur mit Kondom Sexualkontakte eingehen. 76 Prozent würden mindestens drei Monate warten, um vorher einen Aids-Test zu machen. Allerdings meinten 35 Prozent, „die Benutzung von Kondomen zerstört die Stimmung bei der Liebe“.
Auf HIV-Antikörper ließen sich gegenüber vier Prozent der Befragten 1987 jetzt acht Prozent testen. Bei Befragten mit mehreren Sexualpartnern hat sogar fast ein Viertel einen Test machen lassen (1987: 14 Prozent). Über zwei Drittel der Bundesbürger wollen, daß der Test freiwillig bleibt. Nach wie vor lehnt etwa die Hälfte eine namentliche Meldepflicht ab. Sieben Prozent sprachen sich für eine Isolierung von Aids-Kranken aus (1987: 15 Prozent). 67 Prozent sind bereit, bei der Betreuung von HIV-Infizierten zu helfen (1987: 45 Prozent).
Sechs Prozent der Bundesbürger haben bisher eine persönliche Aids-Beratung in Anspruch genommen. Die Beratung bei den Gesundheitsämtern wird zunehmend wichtiger.
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